Levenhagen. „Gucken Sie mal hier, was Herr Eichbaum gefunden hat!“ Pastor Irmfried Garbe hält eine alte Glasscherbe in die Höhe. Schmutzig gelb leuchtet sie im Gegenlicht, in schwarzer Farbe prangen die Buchstaben „HIM“ darauf. „Das ist vermutlich ein Teil von einem Namen, Ac-him oder Joac-him“, erklärt Garbe. Und so wie diese Butzenscheibe gearbeitet sei, könne man sicher sein: „Die stammt von den Kirchenfenstern aus der Barockzeit, so um 1650, 1680.“
Ein kleiner Schatz also, findet nicht nur Garbe, der bis vor ein paar Jahren als Kirchenhistoriker an der Uni Greifswald arbeitete. Rund zehn Leute aus dem Ort, vor allem Ältere, haben sich an diesem Oktober-Sonnabend in der Kirche Levenhagen westlich von Greifswald eingefunden, um eine dicke Schicht Sand vom Kirchenfußboden wegzuschaufeln und vielleicht noch ein paar wertvolle Dinge im Boden zu finden.
Ihre rund 700 Jahre alte Dorfkirche steckt mitten in der Sanierung. „Ich bin in dieser Kirche getauft und eingesegnet worden“, erklärt die 72-jährige Jutta Ollinger, während sie den Spaten in den Sand rammt. „Da will man, dass es irgendwann wieder schön wird, nicht erst zur Beerdigung.“
Bei einem ersten Subbotnik im August hatten Garbe und ein paar Männer aus dem Ort schon den Beton und den Teer herausgerissen, die seit DDRZeiten den Boden bildeten. Die Schicht schloss so dicht ab, dass Feuchtigkeit im Grund blieb und die alten Backsteinmauern hinaufzog. Mit fatalen Folgen: Algen überwucherten die Innenwände der Kirche, das ganze Gebäude war feucht, vier Jahre lang sammelte die Gemeinde Spenden und Fördermittel für die Trockenlegung.
Jetzt der zweite Subbotnik, begleitend zu den Sanierungsarbeiten der Fachleute. „So können wir viele tausend Euro sparen“, sagt Irmfried Garbe vergnügt. „Und dass so viele mitmachen, freut mich sehr.“ Ursprünglich hätten sie alle gehofft, im Sand noch mehr der roten Ton-Bodenplatten zu finden, die zu Barockzeiten in der Kirche lagen. „Wir hätten die Kirche gerne wieder damit ausgelegt“, sagt er. „Aber das wird wohl nichts, hier liegen nicht mehr sehr viele.“
Spannend sei das Buddeln und Gucken trotzdem, meint Stefan Eichbaum, ein junger Zimmermann aus dem Ort. „Hier findet man Geschichte zum Anfassen!“ In schwarzer Arbeitskluft hat er sich über ein Sieb gebeugt, nun schiebt er mit behandschuhten Händen die Berge von Sand und Erde hin und her, die ihm ein anderer aufs Gitter schaufelt.
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Goldgräberflair bei Ehrenamtlichen
In der alten Wallfahrtskirche Levenhagen schaufelten Helfer ehrenamtlich. Eine schweißtreibende Arbeit mit Goldgräberflair.

Eifrig arbeiteten die Helfer.