Die Animations-Sitcom “Die Simpsons” von Matt Groening wird 35 – und Macher Groening selbst 70. Zum Doppel-Jubiläum beleuchten eine Ausstellung in Dortmund und ein begleitender Bildband die gelbe TV-Kult-Familie.
Eine ganze Generation ist mit den schrägen Alltagsabenteuern von Mutter Marge, Vater Homer und ihren Kids Bart, Lisa und Maggie im Städtchen Springfield groß geworden. “Die Simpsons” aus Matt Groenings gleichnamiger Animations-Sitcom sind Kult und feiern 2024 ihren 35. Geburtstag. Eine Ausstellung in Dortmund und ein üppig bebilderter Band bieten kenntnisreiche Einblicke in die langlebige US-Zeichentrickserie um die wohl liebenswerteste dysfunktionale TV-Familie aller Zeiten.
Der Schauraum comic + cartoon im Dortmunder U ist noch bis Oktober Schauplatz der Ausstellung. Im Wikipedia-Eintrag lässt sich nachlesen, dass der U-Turm in Dortmund 1926/27 ursprünglich als Gär- und Lagerkeller der Dortmunder Union Brauerei erbaut wurde. Ach, was täten wir ohne all diese herrlichen ehemaligen Bierbraubauten, die zu singulären Orten der Kultur geworden sind!
Für die Simpsons-Ausstellung zum doppelten Jubiläum – 35 Jahre Simpsons, 70 Jahre Matt Groening – passt eine ehemalige Brauerei als Veranstaltungsort wie die Faust aufs Auge: Ist Familienvater Homer doch selbst begeisterter Biertrinker und das fiktive Duff-Bier ein nicht wegzudenkender Bestandteil der Serie wie die “Itchy & Scratchy”-Show oder die “Krusty Burger” als Grundnahrungsmittel.
Als Kurator und Autor des Ausstellungskatalogs zeichnet Comic-Experte Alexander Braun verantwortlich. Das Design seines Bildbandes zur Ausstellung ist phänomenal. Es gibt keine Seite ohne einen Cartoon, eine Produktionszeichnung oder andere Abbildungen; sogar eine Bilderstrecke des Kurzfilms “The Story” ist enthalten, die Filmemacher Homer Groening Mitte der 1960er-Jahre mit Sohn Matt und den Töchtern Lisa und Maggie drehte.
Mitreißend und mit Humor schreibt Braun über den Lebensweg von Matt Groening – von seiner Fernsehsozialisation in der Kindheit, seinen Anfängen als Comiczeichner und als Autor in Los Angeles, ersten Erfolgen mit dem Cartoon “Life in Hell” bis zu den frühesten “Simpsons”-Entwürfen für den Fernsehsender Fox und schließlich dem Sprung der Serie in die Hauptsendezeit. Sehr detailliert wird zudem die Entstehung einer Folge beschrieben – von der Skript- und Drehbuchphase über die Leseproben und Tonaufnahmen, das Storyboard und die erste animierte Grobfassung bis hin zur Animation, die in einem Studio in Seoul erfolgt. Auf diese Weise bekommt man einen intensiven Einblick in die Produktion von “Die Simpsons”.
So brillant diese Einblicke aber auch sind und so sehr man sich als Simpsons-Fan an dem Material erfreut, so vergeblich sucht man leider nach Ausführungen zur popkulturellen Wirkung der Kult-TV-Familie. Die Kapitel über die Zusammenarbeit mit Michael Jackson, dem Graffitikünstler Banksy oder dem Trickfilmer Bill Plympton sowie ein Interview mit dem Chefzeichner der Simpsons-Comics Bill Morrison vermögen das nur in Ansätzen zu leisten. Lediglich ein kurzes Zitat von Diederich Diederichsen aus der Zeitschrift “Spex” lässt die enormen Bezüge von “Die Simpsons” aufblitzen.
Es ist zudem unklar, woher Brauns Ausführungen stammen, denn auf ein Quellenverzeichnis wurde verzichtet. Für Fans, die primär handfeste Produktionshintergründe suchen und sich an dem Bildmaterial erfreuen wollen, dürfte das nicht allzu sehr ins Gewicht fallen; für andere, die nach vertiefenden Interpretationen suchen, bleiben jedoch Fragen offen.