Eher unwillig Pfarrer geworden – und einer der beliebtesten Dichter Deutschlands: Eduard Mörike starb vor 150 Jahren. Unbekannter ist, dass er auch ein begnadeter Handschriftenfälscher war – und an Spuk glaubte.
Viele Schulen, besonders im Schwabenländle, sind nach ihm benannt. Und viele Schüler – aktuelle oder ehemalige – kennen vor allem ein Gedicht von ihm: Die Verse “Frühling lässt sein blaues Band / wieder flattern durch die Lüfte” haben seit ihrer Entstehung im Jahr 1832 vermutlich tausende Kinder auswendig lernen müssen.
Das Gedicht mit dem Titel “Er ist’s” ist und bleibt ein wunderschönes Frühlingsgedicht, das jenem in den Sinn kommt, der im Lenz durch Straßen oder über Land wandert. Der Himmel ist blau, die Blumen duften “süß” und “wohlbekannt”, wie es Mörike vor fast 200 Jahren in Worte gefasst hat. Verse, die im Frühling jedes Jahr aufs Neue wahr werden. Vor 150 Jahren, am 4. Juni 1875, starb Eduard Mörike in Stuttgart.
Geboren wird er am 8. September 1804 als siebtes von dreizehn Kindern als Sohn eines Amtsarztes in Ludwigsburg. Bis der Vater einen Schlaganfall erleidet und kurze Zeit später stirbt, hat er eine glückliche Kindheit. Dann kommt Eduard in die Obhut eines wohlmeinenden Onkels, der ihn zum Pfarrer ausbilden lassen will – ein Wunsch, dem er eher widerwillig nachkommt.
Er habe blondes, “beinahe frauenhaftes” Haar gehabt, beschreibt ihn ein Zeitgenosse, dazu eine mittelmäßige Statur. Zudem ein treues Gedächtnis, ehrbare, aber nicht genügend standhafte Sitten und ein theologisches Studium mit mittelmäßigem Erfolg: so steht es in seinem Abschlusszeugnis des Tübinger Stift, an dem Mörike studierte.
Viel lieber dichtet er, widmet sich durchaus schwelgerisch und typisch für die Epoche der Romantik der Naturbeschreibung und der Liebe: “Zierlich ist des Vogels Tritt im Schnee,/ Wenn er wandelt auf des Berges Höh’: / Zierlicher schreibt Liebchens liebe Hand, / Schreibt ein Brieflein mir in ferne Land”, heißt es etwa in einem Gedicht von 1838.
Verliebt ist er persönlich immer wieder – allerdings häufig auch unglücklich: Braut Luise Rau löst die Verlobung, weil es ihr mit der Hochzeit zu lange dauert. Die unerfüllte Liebe zum Schankmädchen Maria Meyer lässt ihn melancholisch zurück. Schließlich heiratet er Margarete Speeth, das Paar bekommt zwei Töchter. Auch diese Beziehung hält nicht, Mörike verlässt seine Frau.
Bekannt wird Mörike auch bei seinen Zeitgenossen vor allem durch seine Poesie – auch wenn ihn einige als “Menschen in Schlafrock und Pantoffeln” verspotten.
Dabei ist er alles anders als langweilig und bieder; so gibt er immer wieder seine Werke als Werke anderer Autoren aus und unterzeichnet auch mit gefälschter Unterschrift. Er sei ein “virtuoser Handschriftenfälscher” gewesen, beschreibt ihn der Augsburger Literaturwissenschaftler Matthias Meyer in einem Beitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung. So habe Mörike gar ein Blatt angelegt, auf dem er einige von ihm “gefakte” Unterschriften von Luther, Napoleon, Hegel, Goethe, Bismarck und anderen versammelt hatte.
Verehrern seiner Dichtung, die gern ein Bild von ihm gehabt hätten, schickt er stattdessen ein Bild des alten Turmhahns aus seinem Pfarrhaus in Cleversulzbach: “Was meine Photographie betrifft so besitze ich leider selbst im Augenblick nicht ein einziges gutes Exemplar. Dagegen erlaube ich mir als Ersatz ein anderes Conterfei – auch eine Art Persönlichkeit – beizufügen”, schreibt er dazu recht selbstironisch.
Denn jenem Turmhahn widmete er eines seiner bekanntesten Gedichte: Darin wird der Hahn von der Kirchturmspitze abgenommen; der Pfarrer nimmt ihn mit ins Pfarrhaus und stellt ihn auf den Ofen – von wo er aus seiner Perspektive seine Umgebung und auch, ein wenig spöttelnd, den Pfarrer schildert. Mörike ist der Arbeit als Pfarrer nicht gewachsen: Mit 39 Jahren quittiert er den Dienst.
Neben seinen idyllischen und auch melancholischen Versen, die oft vertont wurden, hat Mörike auch einen Hang zu okkulten Inhalten. So glaubt er an übernatürliche Phänomene: Seltsame Laute und Bewegungen und wiederholtes Klopfen werden auch von Mörikes Familienmitgliedern allnächtlich bezeugt – und fanden sogar Eingang in Justinus Kerners “Magikon”.