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Franziskus will neue Ausrichtung der Päpstlichen Hochschulen

Selten halten Päpste Vorlesungen an einer ihrer Unis. Am 5. November machte Franziskus eine Ausnahme. An der Universität Gregoriana in Rom sprach er über Hochschul-Reformen und seine Vision zeitgemäßer Wissenschaft.

Papst Franziskus hat eine neue, stärker dialogorientierte Form der Wissenschaft an kirchlichen Hochschulen gefordert. In einer Vorlesung an der 1551 gegründeten Päpstlichen Universität Gregoriana sagte er: “Ausbildung ist vor allem Sorge um Menschen und daher eine diskrete, kostbare und delikate Form der tätigen Nächstenliebe. Andernfalls verwandelt sie sich in einen trockenen Intellektualismus oder einen perversen Narzissmus, eine regelrechte geistige Lust, bei der die anderen nur noch als applaudierende Zuschauer existieren, als leere Schachteln, die mit dem Ego der Lehrenden gefüllt werden.”

Der Papst sprach am Dienstagvormittag im Atrium der größten und bekanntesten Päpstlichen Universität Roms vor Studierenden und Lehrkräften. Anlass war ein “dies academicus” nach der erfolgten Zusammenlegung des Päpstlichen Bibelinstituts und des Ostkircheninstituts zu einem gemeinsamen Kolleg, das der Gregoriana angeschlossen ist.

Zusammenlegungen wie diese, von denen der Papst dem Vernehmen nach in naher Zukunft weitere plant, dürften nicht bloße Verwaltungsreformen sein, betonte Franziskus der Papst in seiner langen Ansprache. Sie könnten nicht gelingen, wenn sie lediglich von einer Idee der größeren Effizienz inspiriert würden. Vielmehr gehe es darum, “alles im Licht der uns vom Herrn anvertrauten Mission zu überdenken.” Weiter sagte Franziskus, man müsse den größeren Horizont im Blick behalten. “Die Vision und das Bewusstsein des Ziels verhindern die Coca-Colisierung der Forschung und der Lehre”, so der Papst.

Mit Nachdruck wandte sich Franziskus gegen eine Abschottung der akademischen Lehre in einer Art Elfenbeinturm. Wörtlich sagte er: “Wir brauchen eine Universität, die den ‘Geruch des Volkes’ hat, die Unterschiede nicht mit Füßen tritt in der Illusion einer Einheit, die nur Homogenität ist”. Über viele Jahrhunderte hinweg habe die akademische Wissenschaft auf andere Menschen herabgeschaut, kritisierte Franziskus. “Dabei haben wir viele Fehler gemacht! Jetzt ist es an der Zeit, dass wir alle demütig sind, dass wir anerkennen, dass wir nicht wissen; dass wir andere brauchen, vor allem solche, die nicht so denken wie ich.”

Die heutige komplexe Welt braucht laut Franziskus eine Forschung, die horizontal operiert, die offen ist für Wissensbeiträge anderer, für Zusammenarbeit, für interdisziplinäre Sichtweisen. Es brauche einen “Dialog der Herzen”, formulierte der Papst.

“Weniger Lehrstühle, mehr Tische ohne Hierarchien, auf Augenhöhe, alle betteln um Erkenntnis, berühren die Wunden der Geschichte. Auf diese Weise kann das Evangelium die Herzen bekehren und Antworten auf die Fragen des Lebens geben. Und um dies zu tun, Schwestern und Brüder, ist es notwendig, den akademischen Raum in ein Haus des Herzens zu verwandeln.”