Der Bremer Glücksspielforscher Tobias Hayer sieht angesichts 1,3 Millionen Glückspielsüchtiger deutschlandweit ein Defizit bei Beratung und Aufklärung. „Eine große Lücke besteht bei der Erreichbarkeit der Betroffenen, da nur etwa zehn bis 15 Prozent überhaupt entsprechende Beratungs- und Behandlungsangebote wahrnehmen“, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). Suchttypische Tendenzen der Bagatellisierung, Selbsttäuschung, fehlende Krankheitseinsicht, Schuld- und Schamgefühle, aber auch der Versuch, das Problem eigenständig lösen zu wollen, spielten hierbei eine wichtige Rolle.
Gesamtgesellschaftlich muss es laut Hayer das Ziel sein, mehr über das Krankheitsbild der Glücksspielsucht aufzuklären, vorhandene Vorurteile abzubauen und Prozesse der Stigmatisierung zu verhindern. Bevölkerungsgruppen, die besonders häufig von glücksspielbezogenen Problemen betroffen sind, seien Männer, junge Menschen sowie Personen bildungsferner Schichten. Auch bestimmte Berufsgruppen wiesen ein höheres Potenzial auf, wie erste Forschungsstudien andeuteten.
„Das sind Bau- und Dienstleistungsberufe sowie Jobs mit monotonen manuellen Tätigkeiten“, sagte Hayer. Beschäftigte im Transportwesen, also zum Beispiel Taxi- und LKW-Fahrer, seien ebenfalls häufig betroffen. „Offenbar stellt die Mobilität in Kombination mit Bargeld in der Hosentasche eine risikoerhöhende Bedingung dar“, erklärte Hayer. Ferner zählten Servicekräfte, die in Spielhallen arbeiten, zur Risikogruppe.
Die Rückfallquote bei Suchtspielen sei hoch. „Vereinfacht ausgedrückt lässt sich ähnlich wie bei anderen Suchterkrankungen folgende Daumenregel festhalten: Ein Drittel aller Betroffenen mit Kontakt zum formalen Hilfesystem lebt dauerhaft abstinent, bei einem weiteren Drittel kommt es trotz einzelner Rückfälle zu einer erheblichen Verbesserung ihrer finanziellen und psychosozialen Situation“, sagte Hayer. Ein weiteres Drittel versuche den Ausstieg aus dem Krankheitsgeschehen oftmals mehrfach und mit verschiedenen Mitteln, aber ohne dauerhaften Erfolg.