Bevölkerungsforscher warnen: Der Fachkräftemangel wird den Arbeitsmarkt schrumpfen lassen. Zudem bringe die alternde Bevölkerung weniger Erwerbspersonen mit sich. Doch es gebe noch viel ungenutztes Potenzial.
Sinkende Geburtenzahlen, alternde Bevölkerung und Fachkräftemangel: Trotzdem sehen Wissenschaftler in Deutschland noch erhebliche Möglichkeiten, zusätzliche Arbeitskräfte zu gewinnen. Das Erwerbspotenzial der in Deutschland lebenden Männer und Frauen sei “noch lange nicht ausgeschöpft”. Gerade bei Frauen und insbesondere bei Müttern bestünden “erhebliche Spielräume”, sagte Katharina Spieß, Direktorin des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB), am Donnerstag in Wiesbaden. Deren potenzielle Möglichkeiten würde jedoch eingeengt – etwa, weil ihre Bedürfnisse bei der Kindertagesbetreuung nicht gedeckt würden.
Bei Frauen mit Zuwanderungsgeschichte könnten durch “vereinfachte Anerkennung von Berufsabschlüssen” zusätzliche Chancen erschlossen werden, ergänzte Spieß. Schutzsuchende aus der Ukraine brächten beispielsweise Qualifikationen mit, “die in vielen Engpassberufen dringend gebraucht werden”.
Der Fach- und Arbeitskräftemangel stelle den Arbeitsmarkt in Deutschland vor große Herausforderungen. “Aufgrund der sich wandelnden Altersstruktur der Bevölkerung wird das Problem weiter zunehmen”, sind die Bevölkerungsforscher überzeugt.
Mit dem Übergang der geburtenstarken Jahrgänge der 1950er und 1960er Jahre in den Ruhestand werde sich die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter zwischen 20 und 67 Jahren deutlich verringern, erklärte Spieß. “Aktuellsten Vorausberechnungen des Statistischen Bundesamts zufolge geht die Zahl der Erwerbspersonen von heute 51 Millionen auf 48 Millionen im Jahr 2040 zurück.”
Ohne Veränderungen in der Erwerbsbeteiligung werde das Arbeitsvolumen in Deutschland bis 2035 deutlich sinken, betonte das Bundesinstitut. “Unter Beibehaltung des Status quo könnte selbst eine sehr hohe Nettozuwanderung von jährlich über 450.000 Personen bis 2035 den Rückgang nicht vollständig verhindern.”
Mehr Erwerbstätigkeit von Frauen sowie von Älteren könne den Rückgang jedoch “spürbar abfedern”. Denn auch eine steigende Lebenserwartung und “unterschiedliche Pläne zum Renteneintritt” eröffneten Möglichkeiten für eine längere Erwerbstätigkeit. Maßnahmen, die all diese Potenziale förderten, könnten “Fachkräftelücken nachhaltig reduzieren”.