Der Initiativkreis Flüchtlingsarbeit Bochum kritisiert die Betreuung städtischer Flüchtlingsunterkünfte durch privatwirtschaftliche Unternehmen. In einem offenen Brief wendet sich die Initiative mit Blick auf die Flüchtlingsunterkunft „Nordbad“ und ihrer Betreuung durch das Unternehmen „European Homecare (EHC) an Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD), Sozialdezernentin Britta Anger sowie die Ratsmitglieder der Stadt Bochum, wie die Flüchtlingsarbeit Bochum am Dienstag mitteilte. “Als Initiativkreis Flüchtlingsarbeit Bochum sehen wir die Betreuung städtischer Unterkünfte durch privatwirtschaftliche Unternehmen und insbesondere durch ein Tochterunternehmen eines Rüstungskonzerns sehr kritisch”, heißt es.
Das private Unternehmen European Homecare (EHC) hatte im Sommer 2024 die Betreuung der Unterkunft „Nordbad“ in Bochum übernommen, wie der Initiativkreis schreibt. Die Betreuung hatten zuvor die AWO und andere lokale Träger der Wohlfahrtspflege inne. Dass EHC als ein privatwirtschaftliches Unternehmen erneut den Zuschlag bekommen habe, werde kritisch gesehen. EHC sei dieses Jahr vom transnationalen Rüstungskonzern „Serco“ aufgekauft worden. Medienrecherchen zufolge habe Serco, und damit auch das Tochterunternehmen EHC, in Deutschland Millionengewinne mit der Betreuung von Asylunterkünften erwirtschaftet. „Die Betreuung von Schutzsuchenden in unserer Stadt sollte nicht von den Gewinnmargen eines Rüstungskonzerns abhängig sein“, schreibt der Initiativkreis Flüchtlingsarbeit.
Die Betreuung des Nordbads durch EHC könne aus vergaberechtlichen Gründen nicht mehr zurückgenommen werden, erklärte die Initiative. Umso wichtiger sei es, dass die Stadt Bochum langfristig die generelle Privatisierung von Flüchtlingsunterkünften kritisch evaluiere. Auch müssten die Ausschreibungs- und Vergabekriterien im Rahmen der europäischen Ausschreibungsverfahren überprüft werden. „Im kommenden Jahr 2025 werden zwei neue Unterkünfte ausgeschrieben – jetzt gilt es zu verhindern, dass privatwirtschaftliche Unternehmen weitere Zuschläge für die Betreuung bekommen.“
Auf seiner Internetseite wirbt Serco mit rund 30 Jahren Erfahrung in der Betreuung von Zuwanderer-Unterkünften in Europa, dem Vereinigten Königreich und Australien. Allein in Europa werden nach eigenen Angaben rund 100 Unterkünfte von 2.500 Mitarbeitern betreut. EHC hatte in Deutschland 2014 Schlagzeilen mit Blick auf Gewaltvorkommnisse in einer Unterkunft in Burbach gemacht. Wachleute eines beauftragten Sicherheitsdienstes sollen einen Flüchtling gequält haben. EHC, damals als eigenes Unternehmen in Essen ansässig, hatte eklatantes Versagen in Sicherheitsfragen eingeräumt. In Burbach wurde die Leitung dem Deutschen Roten Kreuz übergeben.