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Filmporträt einer neuen Generation junger Idealisten

Doku über fünf Berliner Aktivistinnen und Aktivisten, die sich in unterschiedlichen sozialen Bewegungen engagieren.

“Niemals allein, immer zusammen” beginnt mit einem Tee-Kränzchen in trauter Runde. Alle fünf Berliner Aktivistinnen und Aktivisten erklären, warum er oder sie sich in einer sozialen Bewegung engagieren: Patricia für die Initiative “Deutsche Wohnen & Co. enteignen”, Zaza für die Krankenhaus-Bewegung, Simin für die migrantische Bewegung, die alleinerziehende Mutter Feline, die den Film sporadisch als Erzählerin begleitet, für ihre eigene politische Kunst.

Als Quang, einer der “radikaleren Stimmen von Fridays for Future”, ins Bild kommt und betont, man könne das Klimaproblem nicht von anderen sozialen Themen abspalten, hängt hinter ihm ein Plakat zum “1. Palästina-Sommertreff” an der Küchenwand. In diesem Moment hat das Weltgeschehen den Film bereits überrollt.

Es ist ein brüchiger Pakt, der hier proklamiert wird. Als Regisseurin Joana Georgi die jungen Aktivisten begleitete, schwelte der Israel-Palästina-Konflikt noch vor sich hin. Der Flächenbrand, der dem grauenvollen Angriff der radikal-islamistischen Hamas am 7. Oktober 2023 folgte, hatte die politisch linken Bewegungen noch nicht in die Spaltung getrieben. Während sich die deutsche Klimabewegung nach dem Hamas-Angriff sofort klar für Solidarität mit Israel aussprach, gingen Bilder von Greta Thunberg um die Welt, die mit “Kufiya”-Tuch” an Straßenprotesten teilnahm, auf denen das Vorgehen gegen die Hamas als Genozid gegen die Palästinenser verunglimpft wurde.

Von solchem Spaltungspotenzial ist im Film “Niemals allein, immer zusammen”, der bereits im Titel den Wunsch nach Verbindung und Solidarität formuliert, nichts zu spüren. Obwohl in den politischen Bewegungen immer schon Bedenken kursierten, dass der thematische “Tanz auf zu vielen Hochzeiten” das jeweils eigene Anliegen schwächen könnte. Gegen soziale Ungerechtigkeit treten alle porträtierten Aktivisten ein; zwei bezeichnen sich sogar als Kommunisten. Achtsam wird gegendert und das Manko benannt, dass sich die Bewegungen des linken Spektrums nicht stärker zusammenschließen und damit an Kraft gewinnen.

Nachwuchsregisseurin Joana Georgi, die als Videografin für das “Missy”- Magazin oder “Der Freitag” arbeitet, hat ein Jahr lang die verschiedensten Facetten des Aktivismus eingefangen. Neben Organisations- und Vernetzungstreffen sowie dem Protest auf der Straße begleitet sie Quang dabei, wie er Porträtfotos vor der Plattenbausiedlung aufnehmen lässt, aus der er stammt. Feline kreiert eine Gedenktorte anlässlich des Jahrestages vom Massaker in Hanau, um auf Social Media an die Opfer zu erinnern. Man besucht sich gegenseitig auf den Demos und sitzt gemeinsam auf Panels, die für Menschen ausgerichtet werden, die genauso denken wie man selbst.

Im Prinzip aber verbleiben die Bewegungen in den eigenen Blasen – begrenzt durch das Desinteresse des Großteils der Bevölkerung. Warum ist das so? An dieser Frage scheitert der Film. Die Analyse von Erfolg und Misserfolg des politischen Engagements kommt zu kurz.

Ein bisschen gleich der Film den Social Media-Schnipseln, die hier in Gestalt von TikTok-Clips und Instagram-Bildern produziert und geteilt und auf der Leinwand mit kleinen digitalen Effekten nachgezeichnet werden: Kurze Einblicke in relativ große Bewegungen, die man durch fünf Einzelpersonen nicht adäquat bebildert bekommt.

Was dennoch bewegt und beeindruckt, sind der scheinbar unermüdliche Einsatz und das Feuer, das in den Aktivisten für ihre wichtigen Anliegen brennt – das aber durchaus erlöschen könnte. Nach Corona und dem russischen Überfall auf die Ukraine ist die Anzahl der Menschen, die noch auf die Straße gehen, rapide gesunken. Dieser Trend wurde Anfang 2024 kurz unterbrochen, als Hunderttausende gegen Rechts protestierten. Doch die Erschöpfung der Aktiven ist deutlich zu spüren.

Unterm Strich präsentiert “Niemals allein, immer zusammen” einen kurzweiligen Einblick in ein bewundernswertes Engagement, das trotz kleiner Erfolge immer mehr ins Leere zu laufen scheint. Die Frage, warum das so ist, und wie die Akteure auf diese Stagnation reagieren, beantwortet der Film nicht. Er bleibt den Versuch, einen Weg aus der Krise zu skizzieren, schuldig.