Der Arbeitsmarktforscher Herbert Brücker warnt vor gravierenden wirtschaftlichen Folgen von zu geringer Arbeitsmigration nach Deutschland. „Der Mangel an Fach- und anderen Arbeitskräften hat sich schon negativ ausgewirkt“, sagte Brücker den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Donnerstag). Immer mehr Stellen könnten nicht besetzt werden. Dadurch sinke nicht nur die Produktion, sondern auch die Investitionen, „wodurch wir wiederum auch langfristig Wachstum verlieren“, führte der Experte vom Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) aus.
Sorgen mache ihm, dass sich dieser Effekt selbst verstärken könne: „Wenn die Wirtschaft schwächelt, kommen weniger Menschen.“ Wenn weniger Menschen kämen, werde weniger investiert und produziert, sodass sich die Wirtschaftsaussichten weiter verschlechterten, sagte Brücker. „Dann kommen wir langfristig auf einen Pfad der Stagnation mit fallender Beschäftigung, geringen Investitionen und sinkender Produktion.“
Deutschland brauche jährlich netto 400.000 neue Arbeitskräfte aus dem Ausland, um die Effekte des demografischen Wandels auszugleichen. Das entspreche etwa 1,6 Millionen Zuzügen. „Gegenwärtig entfallen aber nur gut 70.000 Zuzüge auf die gesteuerte Arbeitsmigration“, sagte der IAB-Experte.
Deutschland sei im internationalen Vergleich kein unattraktives Land für Einwanderer, das gelte auch für Höherqualifizierte. Relativ hohe Löhne, relativ hohe soziale Stabilität, auch Menschenrechte und der Rechtsstaat würden von den Migranten als positive Faktoren genannt. Unattraktiv ist laut Brücker allerdings das gesellschaftliche Klima, das Migranten häufig entgegenschlage. „Deutschland ist nicht besonders ausländerfreundlich“, unterstrich der Experte. „Und so etwas spricht sich rum, das entscheidet mit darüber, wo die Menschen hingehen.“