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Experte: “75 ist das neue 60” – Tipps für gutes Altern

Alt, krank, einsam – das muss nicht sein, betont ein Fachmann. Im Gegenteil: Viele ältere Menschen seien heute deutlich fitter als Gleichaltrige vor 30 oder gar 50 Jahren. Und: Man kann auch selbst viel dafür tun, rät er.

Aus Sicht des Psychologen und Altersforschers Denis Gerstorf ist “75 heute das neue 60”. Ältere Menschen seien geistig und körperlich viel besser aufgestellt als früher, sagte er der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” (Freitag): “Das können wir wissenschaftlich belegen. Ältere Menschen sind heute kognitiv wesentlich fitter, als es ihre Altersgenossen Ende der 1990er Jahre waren.”

Die heute 75-Jährigen seien im Vergleich zu denen vor 25 Jahren in der Regel körperlich deutlich fitter, so Gerstorf weiter: “Heute wundert sich niemand, wenn ein betagter Mensch im Park joggt oder Nordic Walking macht. In den 1980er Jahren kam das nicht vor.”

Aber auch geistig seien die Menschen besser drauf, zeigten die Studien. Im Durchschnittswert zeigten die heute 75 Jahre alten Teilnehmer kognitive Leistungen, die denen entsprächen, die ein 56-Jähriger Anfang der 1990er Jahre erbracht habe.

Der Traum von der ewigen Jugend bleibe aber ein Traum, ergänzte der Experte. Denn der kognitive und körperliche Abbau setze heute im gleichen Alter ein wie früher – und er laufe auch im selben Tempo ab: “Der einzige, wenn auch sehr wichtige, Unterschied ist, dass die heutigen Alten von einem höheren Niveau aus starten.”

Wenn 75 das neue 60 sei, sei aber 90 nicht das neue 75, fügte Gerstorf hinzu. Die Phase der “Hochaltrigkeit”, die etwa mit 80 beginne, sei nach wie vor überwiegend von negativen Erscheinungen geprägt: “Viele der heute 90-Jährigen sind wegen der Errungenschaften der modernen Medizin so alt geworden. Sie haben Krankheiten überlebt oder leben mit ihnen, an denen Menschen vor 20 oder 30 Jahren gestorben wären. Doch das längere Leben geht zum Teil auch auf Kosten der Lebensqualität, denn in ihren letzten Lebensjahren sind sie oft weniger funktionstüchtig als Gleichaltrige in früheren Generationen.”

Neben der Gesundheit gebe es aber noch andere Faktoren, die mitbestimmten, ob ein Mensch sich im Alter gut fühlt. Dazu gehöre etwa lebenslange Bildung und Weiterbildung. Außerdem seien soziale Faktoren wie möglichst viele gute Kontakte hilfreich sowie technologische Errungenschaften wie Internet oder Smartphones: “Wer bettlägerig ist, kann trotzdem noch mit seinen Enkelkindern in den USA in Kontakt kommen. Und dank Smartwatches und anderer elektronischer Geräte kann die Gesundheit viel besser überwacht werden.”

Auf die Frage nach dem wichtigsten Tipp für gutes Altern sagte der Fachmann: “Man muss in der ersten Lebenshälfte möglichst viele Ressourcen aufbauen. Wer sich körperlich und kognitiv auf ein hohes Niveau bringt, ist besser fürs Alter gewappnet.”