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Evangelischer Theologe kritisiert Kirche im Fall Kurschus

Der evangelische Theologe Peter Dabrock fordert, aus dem Rücktritt von Annette Kurschus als Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Lehren zu ziehen. Die EKD habe zu überstürzt auf den medialen Druck reagiert, sagte er am Mittwoch im Deutschlandfunk. “Wir müssen lernen, uns in Zukunft nicht von solchen Erregungen mitreißen zu lassen.”

Kurschus habe, so Dabrock, kommunikativ sicherlich nicht alles richtig gemacht. “Ist das ein Grund, so im Hauruck-Verfahren zu sagen: Jetzt hat die Frau kein Vertrauen mehr?” Es hätten alle Beteiligten miteinander sprechen sollen, bevor man das Thema auf einer Synode bespricht, die ohnehin schon thematisch sehr dicht gewesen sei, so Dabrock. Nur so ließe sich Vertrauen in die Kirche zurückgewinnen.

Für die Zukunft wünscht sich der Theologe eine Balance von schonungsloser Aufarbeitung unter Beteiligung Betroffener und rechtsstaatlichen Standards wie der Unschuldsvermutung. “Sonst sehe ich in eine paar Jahren keinen mehr, der in solchen Ämtern Verantwortung übernimmt”, so der Professor für Systematische Theologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

Kurschus hatte am Montag ihre Spitzenämter als EKD-Ratvorsitzende und als Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen niedergelegt. Nach Recherchen der “Siegener Zeitung” soll sie als Gemeindepfarrerin in Siegen schon Ende der 1990er-Jahre über Vorwürfe sexuellen Fehlverhaltens gegen einen Kirchenmitarbeiter informiert gewesen sein, diese aber nicht gemeldet haben. Kurschus wies die Darstellung zurück, sie habe damals etwas vertuscht.