Das Europaparlament hat bestätigt, das geplante EU-Entwaldungsgesetz um ein Jahr zu verschieben und dessen Regeln zu lockern. Die Abgeordneten billigten die Änderungen mit 371 zu 240 Stimmen bei 30 Enthaltungen, wie das Parlament am Donnerstag in Brüssel mitteilte.
Das Gesetz soll sicherstellen, dass für die Produktion von Waren, die in Europa konsumiert werden, keine Ur- oder Regenwälder gerodet werden. Importeure und Händler von Produkten wie Rindfleisch, Kakao, Kaffee, Palmöl, Gummi, Soja und Holz sowie daraus hergestellten Erzeugnissen müssen das mithilfe von Geodaten nachweisen. Das Europäische Parlament und der Ministerrat hatten das Gesetz bereits im Frühjahr 2023 verabschiedet. In Kraft treten sollte es ursprünglich Anfang 2025.
Aufgrund scharfer Kritik am Entwaldungsgesetz hatte die EU-Kommission vorgeschlagen, das Inkrafttreten um ein Jahr nach hinten zu verschieben. Für große Unternehmen und Händler sollen die neuen Regeln demnach ab dem 30. Dezember 2025 gelten, für kleine ab dem 30. Juni 2026.
Die nach der Europawahl im Juni gestärkte EVP-Fraktion, der auch CDU und CSU angehören, nutzte die Abstimmung zur Verschiebung, um auch weitreichende Änderungsanträge am eigentlich bereits verabschiedeten Gesetzestext einzubringen. Die Mehrheit der Abgeordneten stimmte den Lockerungen zu.
Demnach wird eine neue Kategorie von Ländern eingeführt, die hinsichtlich der Entwaldung „kein Risiko“ darstellen. Für diese sollen weniger strenge Anforderungen gelten. Damit diese Änderungen am bereits verabschiedeten Gesetz in Kraft treten können, muss der Text erneut sowohl vom Rat als auch vom Parlament gebilligt und im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden.
Die handelspolitische Sprecherin der Grünen im Europäischen Parlament, Anna Cavazzini, kritisierte die Verschiebung, vor allem aber die nachträglichen Änderungen am Gesetzestext. Sie bezeichnete das Ergebnis der Abstimmung als „verheerend für Wälder, das Klima und die Demokratie“.
Die Deutsche Umwelthilfe kritisierte die Zustimmung des EU-Parlaments zu den Änderungsanträgen ebenfalls scharf. „Mit der heutigen Abstimmung wurde die Verordnung nicht nur um ein Jahr verzögert, sondern zusätzlich massiv geschwächt“, erklärte Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Umwelthilfe.
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace sieht in den Lockerungen einen ersten Angriff auf die EU-Klimaschutzgesetzgebung insgesamt. Nach dem Rechtsruck im EU-Parlament habe die „Demontage“ des Green Deals begonnen.
Die Europaabgeordnete Christine Schneider (CDU) stellte klar: „Wir wollen dieses Gesetz verbessern und praktikabel machen, nicht abschaffen.“ Teil der Entwaldungsverordnung seien von vielen Seiten als unpraktikabel kritisiert worden. Bürokratieabbau sei eines der wichtigsten Themen im Europawahlkampf gewesen. Ein Aufschub allein reiche nicht aus.