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EU-Parlament bürstet geplantes Gesetz gegen Kindesmissbrauch um

Zum Schutz von Minderjährigen vor sexualisierter Gewalt und Ausbeutung im Internet setzt die EU-Kommission auf eine Überwachung von Kommunikation. Die Europa-Abgeordneten schlagen parteiübergreifend einen anderen Weg ein.

Für eine neue EU-Verordnung gegen sexuellen Missbrauch von Kindern im Internet hat das Europaparlament am Dienstag seine Position festgelegt. Ander als die EU-Kommission wollen die Abgeordneten die Durchsuchung privater Kommunikation oder “Chatkontrolle” nur bei konkretem Verdacht und auf richterliche Anordnung erlauben. Dafür sollen Internetanbieter verpflichtet werden, ihre Dienste sicherer zu gestalten, um sexuelle Ausbeutung von Minderjährigen von vornherein zu verhindern. Verschlüsselte Kommunikation soll geschützt bleiben.

Das Verhandlungsmandat fand im zuständigen Ausschuss für bürgerliche Freiheiten breite Zustimmung über die Fraktionsgrenzen hinweg. Im nächsten Schritt müssen sich Vertreter der 27 Mitgliedstaaten, des Parlaments und der Kommission auf eine endgültige Fassung einigen.

Die innenpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Gruppe, Lena Düpont, erklärte in Brüssel, die Position des Parlaments stelle den “äußerst umstrittenen Entwurf der EU-Kommission im wahrsten Sinne vom Kopf auf die Füße”. Im gleichen Sinn äußerte sich die Linken-Abgeordnete Cornelia Ernst. Nach ihren Worten wäre der ursprüngliche Vorschlag ein “Blankoscheck für die Massenüberwachung” gewesen. Düpont betonte, man habe eine “angemessene Balance gefunden, um den Schutz von Kindern zu stärken und dringend notwendige präventive Maßnahmen systematisch und zielgerichtet zu etablieren”.

Birgit Sippel (SPD), innenpolitische Sprecherin der Sozialdemokraten im EU-Parlament, erklärte: “Dass wir Kinder vor Missbrauch im Internet schützen müssen, steht außer Frage. Doch das darf nicht zu Lasten der Grundrechte aller und insbesondere des Rechts auf Privatsphäre und Vertraulichkeit der Kommunikation geschehen.” Statt wie im Kommissionsvorschlag mit ständiger Überwachung auf schon erfolgten Missbrauch zu reagieren, enthalte der Parlamentsentwurf einen stärkeren Fokus auf präventive Maßnahmen.

Der FDP-Abgeordnete Moritz Körner sprach von einem Etappensieg gegen die Chat-Kontrolle. In den anstehenden Verhandlungen mit den EU-Mitgliedstaaten werde die Wahrung der Grundrechte weiter zu verteidigen sein. Für die Grünen-Fraktion erklärte Patrick Breyer (Piratenpartei), das Nein zur Überwachung von Privatkommunikation sei ein großer Erfolg für die Freiheitsrechte. Beim Schutz junger Menschen vor sexualisierter Ausbeutung und Gewalt im Netz setze das Parlament auf sicher gestaltete und voreingestellte Internetdienste.