Wie können Mensch und Natur zusammenleben? Ein von Roelant Savery gemalter Paradiesgarten von 1625 zeigt ein idyllisches Idealbild: Dort existieren Tiere, Pflanzen und das erste Menschenpaar in Frieden und Harmonie. Auf Hans Baldung Griens (1485 bis 1545) Gemälde aus dem frühen 16. Jahrhundert erstarren dagegen menschliche Körper in Angst und Schrecken vor der biblischen Sintflut und fürchten die Macht der göttlichen Natur, die ihren Untergang bestimmt hat. Beide Bilder sind in der Sonderausstellung „Hello Nature“ im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg zu sehen, die am Dienstag der Presse vorgestellt wurde.
Hans Baldung Griens Werk ist eine Leihgabe der Museen der Stadt Bamberg und zeigt, dass die Wurzeln des Gefühls einer „Letzten Generation“ schon weit vor der heutigen Zeit zu finden sind. Während Naturkatastrophen damals als Strafe Gottes gewertet wurden, ist die Bedrohung durch den Klimawandel heute realer denn je und zwingt die Menschheit dazu, sich neue Fragen in Bezug auf ihr Verhältnis zur Umwelt zu stellen. „Wie wir die Klimakrise bekämpfen können, hängt von unserer eigenen Einstellung gegenüber der Natur ab“, sagt Daniel Hess, Generaldirektor des Germanischen Nationalmuseums: „Wenn wir die Natur nicht auf Augenhöhe betrachten, dann haben wir wahrscheinlich keine Zukunft.“
Die kulturhistorische Ausstellung „Hello Nature. Wie wollen wir zusammenleben?“ wirft deshalb einen ökologischen Blick auf die europäische Kulturgeschichte und schlägt dabei einen inhaltlichen Bogen von der Steinzeit bis in unsere Gegenwart. „Verschiedene Phänomene wie Nachhaltigkeitsbestreben, Aussterben aufgrund von Klimawandel – das gab es alles schon früher“, erklärt Susanne Thürigen, Kuratorin der Ausstellung: „Die Geschichte kann uns dazu bringen, gute Ideen in die Gegenwart zu bringen.“
Rund 250 Exponate unterschiedlichster Gattungen werden im Rahmen der Ausstellung präsentiert. Eingeteilt sind sie in drei thematische Sektionen: in Beherrschung, Bedrohung und Bewahrung. So zeigt beispielsweise eine Fischtafel aus dem 18. Jahrhundert, dass Ressourcenknappheit schon vor 300 Jahren die Menschheit beschäftigt hat. Abgebildet sind über 30 Fischarten samt Laichzeiten, daneben eine Tabelle, in welchen Monaten, sie verkauft oder geschont werden sollen.
„Mit Blick auf ökologische Maßnahmen fangen wir nicht bei Null an“, sagt Daniel Hess. „Vielmehr tragen wir die Arbeit weiter, die schon viele Generationen vor uns begonnen haben.“ Die Ausstellung könne zwar keine Lösung für die Klimakrise finden, vielmehr soll sie aber dazu anregen, durch einen Perspektivwechsel nach neuen Ideen für die Zukunft zu suchen. Eine solche Idee hat das Museum gleich selbst verwirklicht: Im Rahmen der Ausstellung wurde auf dem Museumsgelände ein Kräutergarten nach dem Vorbild Hildegard von Bingens angelegt, in dem lokale Pflanzen und Gemüse gepflanzt wurden.
Am Ende überlässt die Ausstellung dann der Natur selbst das letzte Wort. Mittels einer künstlichen Intelligenz formulieren Meere, Wälder und Wüsten in einer Installation der Niederländer Jeroen van der Most und Peter van der Putten ihre persönlichen Wünsche an die Menschheit. „Lieber Herr Söder, Schneekrone schmilzt, Bayerns stolze Höhe … Wolken seufzen traurig. Mit besten Grüßen, Zugspitze“, heißt es beispielsweise in einem Brief. (00/2935/01.10.2024)