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Erster Kirchen-Neubau in Türkei seit 100 Jahren eröffnet

In der Türkei ist der erste Neubau einer christlichen Kirche seit Gründung der Republik 1923 eröffnet worden. An der Zeremonie in der syrisch-orthodoxen Ephrem-Kirche in Istanbul nahmen am Sonntag Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan sowie zahlreiche Spitzenvertreter der christlichen Kirchen teil, wie die Zeitung “Hürriyet” berichtet. So konnte der syrisch-orthodoxe Metropolit von Istanbul, Filuksinos Yusuf Cetin, unter anderen den Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios von Konstantinopel, den vatikanischen Ökumeneminister Kardinal Kurt Koch und den armenisch-orthodoxen Patriarchen Masalyan von Konstantinopel begrüßen.

In den vergangenen Jahrzehnten hatte die christliche Minderheit in der Türkei zwar Kirchen renovieren dürfen; ein Neubau wurde staatlicherseits aber lange Zeit nicht genehmigt. Die neue Kirche bietet Platz für rund 750 Personen. Neben dem eigentlichen Kirchenraum gibt es zwei Obergeschosse mit Versammlungsräumen, die etwa nach Gottesdiensten oder für Feiern und Versammlungen genutzt werden können. Den Grundstein hatte 2019 Erdogan selbst gelegt. Die nun erfolgte Eröffnung sollte bereits Mitte Februar stattfinden, wurde aber nach dem verheerenden Erdbeben im Südosten der Türkei und im Norden Syriens am 6. Februar verschoben.

Die Angaben über die Zahl der syrisch-orthodoxen Christen in Istanbul schwanken zwischen 12.000 und 17.000. Die syrisch-orthodoxe Kirche besitzt in Istanbul im Stadtteil Tarlabasi eine im 19. Jahrhundert gebaute Kirche mit angeschlossenem Gemeindezentrum. Diese Kirche ist aber längst zu klein geworden. 2009 begann die Istanbuler Stadtverwaltung auf Anordnung des damaligen Ministerpräsidenten Erdogan mit der Suche nach einem Grundstück. 2015 verkündete die Regierung den Plan für den Neubau, der sich danach aber noch mehrere Jahre verzögerte.

Zwar ist die türkische Verfassung seit der Staatsgründung durch Kemal Atatürk offiziell laizistisch. Religiöse Minderheiten außerhalb des sunnitischen Islam haben aber immer wieder unter Diskriminierungen zu leiden. Der türkische Staat erkennt offiziell nur die griechisch-orthodoxe Kirche, die Armenier und das Judentum als religiöse Minderheiten an, denen er beschränkte Rechte wie eigene Schulen einräumt. Die syrisch-orthodoxe Kirche wie auch die katholische und andere Kirchen werden aufgrund einer umstrittenen Auslegung des Friedensvertrags von Lausanne von 1923 nicht als Minderheiten anerkannt.