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Entwicklungshilfe: Wieviel Geld Deutschland wirklich gibt

Faktencheck Entwicklungshilfe: Warum die Debatte über deutsche Hilfsgelder oft in die Irre führt. Ein Kommentar von Torsten Hilscher.

Das Berliner Entwicklungsministerium gibt weniger Geld, auch für Lebensmittelverteilung wie hier in Kenia
Das Berliner Entwicklungsministerium gibt weniger Geld, auch für Lebensmittelverteilung wie hier in KeniaImago / Photothek

Es sind schon Profis, die Öffentlichkeitsarbeiter im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ): Auf ihrer Internetseite ganz vorn greifen sie die gängigsten Gerüchte über deutsche Hilfen im Ausland gleich selbst auf. Zum Beispiel der Daueraufreger „Radwege für Peru“.  Anlass sind die jüngsten Überlegungen auf Bundesebene, die Mittel für die internationale Entwicklungshilfe zu kürzen. Der Sturm der Entrüstung setzte unmittelbar ein, auch die Kirchen und ihre Werke protestierten. Doch ein genauer Blick lohnt!

Mittel für Entwicklungshilfe sinken deutlich

Denn auch bei diesem heiklen Thema ist vieles relativ; der Blick auf die nackten Zahlen führt schnell in die Abteilung „Äpfel und Birnen“ und zeichnet, eine Falle der Statistik, gefährlich falsche Bilder, wie es immer wieder am berühmten Beispiel der am liebsten verwechselten Begriffe „Median“ und „Mittelwert“ zu beobachten ist.

Es stimmt: Das Ressort von Bundes­entwicklungsministerin Alabali Radovan soll allein in diesem Jahr 900 Millionen Euro weniger bekommen. Und erstmals soll der gesamte Anteil der Mittel für Entwicklungshilfe auf unter 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts rutschen, der eigentlich international vereinbarten Bezugsgröße. Doch der Jahresetat von Ministerin Radovan liegt immerhin noch bei stolzen 10,3 Milliarden Euro.

Weiteres Geld kommt über das Auswärtige Amt, zum Beispiel für Gaza, die Ukraine und Syrien. Insgesamt gibt Deutschland – Zuschüsse an Nichtregierungsorganisationen eingerechnet – zwischen 35 und zuletzt 2022 mehr als 52 Milliarden pro Jahr aus. Weit vor dem Rest der Welt. Eine gigantische Summe, die total betrachtet (bislang) nur von den USA übertroffen wird. Eine so große Spanne weist die deutsche Jahressumme übrigens auf, weil oft Tranchen langfristiger Projekte oder Dollarumrechnungen darunter sind. Eine aktuell belegte Summe spricht von 49,1 Milliarden Euro. Darin ist die Leistung deutscher Nichtregierungsorganisationen von 1,5 Milliarden Euro (2018 rund 1,2 Milliarden) inkludiert.

Erhebliches Sparpotenzial bei NGO’s

Land unter also? Mitnichten. Die bundesdeutsche Waage wird nur neu justiert. Hin auch zu mehr Waffenproduktion, die zumindest den Krisenherd Ukraine befrieden helfen sollen. Ein Lösungsansatz. Der andere sollte Bündelung heißen. Ohne Zweifel: Alle Hilfsorganisationen tun Gutes. Doch eine jede hat eigene Verwaltung und Organisationskosten. Von den jeweils eigenen Werbe-Etats gar nicht zu reden. Man blicke allein auf „Miserior“ und „Brot für die Welt”.

Auch das BMZ kann bei sich selbst sparen, sogar doppelt: Es sitzt im „Europa­haus“, ein riesiger Komplex im Bauhaus-Stil aus dem Jahr 1930 im Rücken des Potsdamer Platzes in Berlin. Fraglich, ob diese Lage sein muss. Es sitzt aber auch noch in Bonn. Bliebe die Frage „Radwege für Peru“. Ja, dieser Förderaspekt aus dem Jahr 2020 existiert tatsächlich mit 20 Millionen Euro fest eingeplanter Mittel, weitere 20 Millionen sollen folgen. Die baulichen Planungen laufen.