Seit 2021 läuft die katholische Weltsynode, ein vom Papst angestoßenes Reformprojekt, bei dem die Kirche zu neuen Formen der Teilhabe aller Gläubigen kommen will. Jetzt gehen die Beratungen in die entscheidende Phase.
Ein Hauch von Konzilsatmosphäre lag am Mittwochmorgen über dem Petersplatz. Vor Beginn des Gottesdienstes zog eine lange Prozession Richtung Altar vor der im spätsommerlichen Sonnenschein leuchtenden Papstbasilika. Unter uralten liturgischen Gesängen näherten sich die Hauptpersonen der nächsten fast vier Wochen dem Petersdom: die rund 370 Männer und Frauen, darunter knapp 280 Bischöfe, die bei der finalen Sitzung der Weltsynode Wege zur Erneuerung der Kirche finden wollen. Unter dem weißen Baldachin am Altar nahm der Platz, der am Ende über die Umsetzung des von ihm angestoßenen Reformprojekts entscheiden wird: Papst Franziskus.
Zufall oder nicht: Der Eröffnungsgottesdienst der Weltbischofssynode wurde am “Fest der Heiligen Schutzengel” gefeiert. In festlichen Litaneien wurden alle Engel und Heiligen um Fürsprache angerufen. Begleitet wurde der etwa 90-minütige Gottesdienst von Chor- und Orgelklängen. Die Stuhlreihen auf dem Petersplatz bevölkerten etwa 20.000 Menschen. Ein mitunter kräftiger Wind begleitete die Predigt, in der Franziskus an die Geburtsstunde der Kirche vor fast 2.000 Jahren erinnerte, was jährlich zu Pfingsten gefeiert wird.
Der Papst schwor die Teilnehmenden, von denen etwa ein Achtel Frauen sind, auf einen Austausch in Demut und Freundschaft ein. Die Synodalen sollten ihre Beiträge nicht als “Agenda” vortragen, sondern als “Gaben” anbieten mit der Bereitschaft, den eigenen Standpunkt zu relativieren. “Es muss uns gelingen, Harmonie in der Vielfalt zu schaffen”, forderte der 87-Jährige. Die Synode sei keine parlamentarische Versammlung, es gehe um Zuhören und Austausch in Gemeinschaft, unterstrich der Papst. Am Ende seiner 15-minütigen Predigt rief er für Montag (7. Oktober) zu einem Tag des Gebets und des Fastens für den Frieden in der Welt auf.
Zelebrant der festlichen Messe war der Luxemburger Kardinal Jean-Claude Hollerich, der den Papst noch am Donnerstag in seinem Erzbistum begrüßt hatte. Dem Kardinal wird ein enges Vertrauensverhältnis zum Papst nachgesagt. Für die Weltsynode unter dem Leitwort “Für eine synodale Kirche. Gemeinschaft, Teilhabe, Mission” wurde Hollerich (66) von Franziskus mit dem wichtigen Amt des “Generalrelators” betraut. Bei den Beratungen die am Mittwochnachmittag beginnen sollten, hat er damit eine Schlüsselrolle.
Um aber einen Neuanfang der Kirche überhaupt möglich zu machen, hatte der Papst schon am Dienstagabend im Petersdom einen Bußakt gefeiert, bei dem um Vergebung gebeten wurde für Verfehlungen der Kirche. Dabei berichteten Männer und Frauen in sehr persönlichen Worten über erlittenes Leid. Mehrere Kardinäle bekannten stellvertretend Scham und Schuld; neben sexualisierter Gewalt oder Machtmissbrauch kam die Mitwirkung von Christen an Umweltzerstörung, Kolonialismus und Sklaverei sowie das Versagen von Männern in der Kirche beim Einsatz für die Würde der Frauen zur Sprache. Erstmals baten sie auch öffentlich Gott und die Menschheit um Vergebung wegen des Versagens der katholischen Kirche im Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs durch Geistliche.
In seiner Ansprache betonte der Papst, am Vorabend der Weltsynode sei das Schuldbekenntnis “eine Gelegenheit, das Vertrauen in der Kirche und das Vertrauen in die Kirche wiederherzustellen, das durch unsere Fehler und Sünden zerbrochen wurde, und die Wunden zu heilen, die noch immer bluten, und die Fesseln des Unrechts zu lösen”.
Die Bußfeier fand in ruhiger, konzentrierter Atmosphäre statt; manche Anwesende weinten. Der Passauer Bischof Stefan Oster, einer der fünf deutschen Bischöfe, die an der Weltsynode teilnehmen, zeigte sich anschließend tief betroffen. Auf die Weltsynode blicke er jedoch mit Freude und Optimismus, sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Auch Papst Franziskus wirkte am Mittwoch deutlich gelöster als am Vorabend. Nach dem Gottesdienst ließ er sich noch 20 Minuten im Papamobil über den Petersplatz fahren. Er begrüßte mehrere Synodenteilnehmer, plauderte mit Kardinälen, grüßte, lachte und zeigte mehrfach “Daumen hoch”.