Als sie vor 40.000 Jahren aus Mammutelfenbein Frauengestalten und Tierfiguren schnitzten, hätten sich die Künstler der Altsteinzeit dies wohl nicht träumen lassen: Ihre Werke stehen nun neben Moderner Kunst.
Rund 40.000 Jahre alte Kunst aus der Eiszeit trifft auf moderne Kunst der Gegenwart. Das Urgeschichtliche Museum Blaubeuren in Baden-Württemberg zeigt ab Samstag eine Ausstellung, die Tier- und Menschenfiguren aus Mammutelfenbein den Werken von zehn international namhaften Gegenwartskünstlern gegenüberstellt. Diese hätten sich “von den archaischen Motiven der frühen Jäger- und Sammlergesellschaften inspirieren lassen”, teilte das Museum am Donnerstag mit.
Die Ausstellung “Eiszeitwesen. Moderne Perspektiven zur Eiszeitkunst” ist bis 12. Januar zu sehen. Sie wurde von der Abteilung für Ältere Urgeschichte an der Universität Tübingen gemeinsam mit dem Blaubeurer Museum entwickelt.
Tübinger Archäologen hatten erst im Juli eine bei Ausgrabungen neu entdeckte und fast 40.000 Jahre alte Figur aus Mammutelfenbein erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Forscher hatten die kleine eiszeitliche Figur in der als Welterbe anerkannten Höhle “Hohle Fels” am Rand der Schwäbischen Alb in Baden-Württemberg gefunden – und als Otter interpretiert. Sie stammt aus dem gleichen Zeithorizont wie die berühmte Venus-Figur, die weltweit als bisher älteste Frauendarstellung ihrer Art gilt. Mehr als 30 figürliche Kunstobjekte aus der Altsteinzeit wurden in den Höhlen der Schwäbischen Alb bei archäologischen Ausgrabungen schon entdeckt, die bereits Furore machten, darunter Mammut, Wisent, Wildpferd, Höhlenlöwe und Höhlenbär.
Nicholas Conard, Tübinger Abteilungsleiter und wissenschaftlicher Direktor des Museums, sagte am Donnerstag, heutige kreative Köpfe hätten auf Basis der eiszeitlichen Funde mit neuen Materialien neue Kunstwerke geschaffen. Bertram Bartl etwa irritiere mit seinen Gemälden: “Mit der Verbindung weiblicher und männlicher Sexualorgane spielt er auf die in den altsteinzeitlichen Frauenfiguren und Phallusdarstellungen angelegten Fragen der Geschlechteridentität an.”
Zu überraschend massiven Figuren hätten die eiszeitlichen Kleinkunstwerke Fabian Vogler inspiriert. Aus seinem Atelier stammen vier gewichtige Bronzebüsten. Sie stünden “wie Wächterinnen um die Venus vom ‘Hohle Fels'” und seien ebenso prall wie ihr vorgeschichtliches Vorbild, hieß es. Mit der Technik der Radierung − dem Gravieren eines Motivs in eine Druckplatte – greife zudem der Künstler Jürgen Mack Steinzeitkunst an Höhlenwänden auf.