Diverse Beiträge zum Tempolimit (unter anderem UK 7/2019, Seite 1: „Die heilige Kuh der Deutschen“; UK 10/2019, Leserbrief Seite 14: „Und Westfalen?“; UK 12/2019, Seite 1: „Kirche fordert Tempo 130“)
Ich traue meinen Augen nicht: Die Evangelische Kirche von Westfalen schweigt zum Thema „Tempolimit auf deutschen Autobahnen“, weil man dabei in eine sehr emotionale Debatte“ gerät. So jedenfalls wird in UK 10 vom 3. März die Stellungnahme des Instituts für Kirche und Gesellschaft zitiert. Das ist nun wirklich eine ungewöhnliche Begründung – Angst vor einer „sehr emotionalen Debatte“.
Kommt man nicht bei unendlich vielen Themen in eine emotionale Debatte, und zwar immer, wenn kirchliche Stellungnahmen konkret sind und nicht mit wohlklingenden Worten um kritische Punkte herumschleichen. Bei der Frage nach dem Umgang mit Fremden in unserer Gesellschaft, beim Umweltschutz – sobald hier konkret in die Lebenswirklichkeit hinein gesprochen wird, gerät man in eine „sehr emotionale Debatte“. Das dürfte einem Institut für Kirche und Gesellschaft nicht fremd sein. Wenn Kirche sich starkmacht für Umweltschutz, für die Zukunft unserer Kinder, was ja in kirchlichen Verlautbarungen geschieht, dann ist doch das Tempolimit ein konkretes Beispiel für das, was ich als Einzelner tun kann.
Es gibt genug Untersuchungen von Experten und Hinweise der Polizei (siehe den guten Artikel in UK 7/2019), die die Notwendigkeit eines Tempolimits begründen, von der Praxis in anderen Ländern ganz zu schweigen. Man muss nicht noch auf einen „größeren Zusammenhang“ warten. Was erwartet das Institut denn noch? Ich vermute, hier spielt die Angst vor der Auto-Lobby eine Rolle. Mir fällt der „alte“ Karl Barth ein: „Eine Kirche, die aus lauter Angst, nur ja nicht in den Schein zu kommen, Partei zu ergreifen, nie und nimmer Partei zu sein sich getraut, sehe wohl zu, ob sie sich nicht notwendig kompromittiere: mit dem Teufel nämlich, der keinen lieberen Bundesgenossen kennt als eine um ihren guten Ruf und sauberen Mantel bedachte, ewig schweigende, ewig meditierende, ewig neutrale Kirche…“
Heinz-Günther Risse, Bielefeld
• Anmerkung der Redaktion: Mittlerweile hat sich die Sachlage geändert: Die Umweltexperten der evangelischen Landeskirchen haben sich für die Einführung eines Tempolimits von 130 Stundenkilometern ausgesprochen. Eine Maximalgeschwindigkeit sei ein erster, einfach realisierbarer Schritt hin zu einer nachhaltigen Mobilitätswende, teilte die Arbeitsgemeinschaft der Umweltbeauftragten in der Evangelischen Kirche in Deutschland, zu der auch die Evangelische Kirche von Westfalen gehört, bei ihrer Frühjahrstagung in Potsdam mit. Mehr zum Thema lesen Sie auf den Seiten 1 und 4 dieser Ausgabe.