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Ein Treffen vor der Kirche

Nach der Corona-Pause sind Gottesdienste in Hamburg wieder erlaubt. Doch nicht alle Gemeinden machen davon Gebrauch. Warum eigentlich nicht?

Die portugiesische Sängerin Ana Carolina Coutinho vor der Altonaer Friedenskirche
Die portugiesische Sängerin Ana Carolina Coutinho vor der Altonaer FriedenskirchePrivat

Hamburg. Die Friedenskirche in Altona-Ost bleibt im Mai noch leer – bis auf Kantor Fernando Swiech. Er sitzt jeden Sonntag um 11.30 Uhr für die Aktion „Fenster auf, Orgel raus“ an seinem Arbeitsgerät. Draußen, auf dem Platz vor der Kirche, finden sich dann die Menschen ein, um Swiech zuzuhören. Manchmal kommt auch Gesang dazu, am Sonntag Kantate trat die portugiesische Sängerin Ana Carolina Coutinho auf, hinter einem rot-weißen Absperrband. Das ist Pastor Lennart Berndt wichtig. „Wir halten die Abstandsregeln genau ein“, sagt er. Auch beim Segenswort, das einer der Pastoren spricht.

Nach einer halben Stunde geht das sonntägliche Event zu Ende. Muss es auch, wie Pastor Berndt mit einem Augenzwinkern erklärt. Dann ertönen nämlich die Kirchenglocken zum Friedensläuten. Den Mitgliedern der Gemeinde gefalle das Format, sagt er. Ein gemeinsames Treffen mit viel Abstand – das entspreche sehr gut der aktuellen Stimmung. „Fenster auf, Orgel raus“ bringe den Menschen mehr als ein Gottesdienst mit Maske und anderen Hygiene-Vorschriften. Deshalb sollen Gottesdienste in der Friedenskirche erst im Juni wieder stattfinden. Bis dahin gibt es weiter eine Podcast-Predigt auf der Internetseite der Gemeinde.

Kirchenkreis hilft mit Material

Mit dem Verzicht auf Gottesdienste ist die Friedenskirche nicht allein. Etwa die Hälfte der Gemeinden hätten am ersten Sonntag nicht gefeiert, sagt Monika Rulfs vom Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein. Belastbare Zahlen gebe es allerdings nur aus der Propstei Pinneberg. Doch für Hamburg dürfte die Quote ähnlich sein. Die Sprecherin rechnet damit, dass immer mehr Gemeinden jetzt in ihre Kirchen zurückkehren werden.

Wer das macht, kann auf die Hilfe des Kirchenkreises bauen, so Rulfs. In der Niendorfer Zentrale fänden Gemeinden vieles, was sie für einen Gottesdienst während der Corona-Pandemie brauchen – von Schutzmasken bis hin zu Desinfektionsmittel.

Mit Startersets wurden die Gemeinden des Kirchenkreises Hamburg-West versorgt
Mit Startersets wurden die Gemeinden des Kirchenkreises Hamburg-West versorgtKirchenkreis

Auch der Kirchenkreis Ost hilft seinen Gemeinden, allerdings nicht mit Material. Die Menschen aus den Gemeinden sollten nicht vorbeikommen, um Ansteckungen zu vermeiden, sagt Sprecher Remmer Koch. Der Kirchenkreis hat stattdessen E-Mails mit Bestell­adressen herumgeschickt. Im Kirchenkreis Ost seien am Premieren-Sonntag nur wenige Gottesdienste gefeiert worden. Der Beschluss sei sehr kurzfristig gewesen, viele Gemeinden hätten es langsam angehen lassen wollen, so Koch.

Pastor mit Maske

Dazu gehört auch St. Martinus in Eppendorf. Am ersten Sonntag wurde noch nicht gefeiert. Die Entscheidung für den Neustart wollte Pastor Ulrich Thomas auf sichere Beine stellen und wartete lieber eine Sitzung des Kirchen­gemeinderats ab. Der sprach sich dafür aus und verabschiedete ein entsprechendes Hygienekonzept. Jetzt wird in der Kirche wieder Gottesdienst gefeiert – mit maximal 30 Personen und einem Pastor, der Maske trägt.

Auch die Maria-Magdalena-Gemeinde in Osdorf lädt jetzt wieder zum Gottesdienst, nachdem zuvor eine Offene Kirche angeboten wurde. Pastor Mathias Dahnke achtet darauf, wer in die Kirche kommt. Mit älteren Mitgliedern der Gemeinde und deren Angehörigen hat er zuvor gesprochen, um ihnen zu sagen, dass es für Risikopatienten noch nicht die richtige Zeit sei, um zurückzukehren.

Gottesdienst am TV reicht aus

Für Pastor Jan Simonsen, der eine Pfarrstelle für Seelsorge im Alter innehat, ist das der richtige Weg. Man müsse Risikopatienten auf die Gefahren hinweisen. Ältere hätten oft das Gefühl, Gott sei ihnen böse, wenn sie nicht in die Kirche gehen würden. Dann müsse man ihnen klarmachen, dass ein Gottesdienst am Fernseher vollkommen ausreiche.