Die Bibel ist dick. Es gibt wunderbare Bibeltexte, aber auch problematische oder einfach schwer verständliche. Aber was die einen für problematisch halte, finden andere herausfordernd und spannend. In der sogenannten Perikopenordnung sind jetzt die Bibeltexte neu bestimmt worden, die öffentlich und regelmäßig im Gottesdienst vorgelesen und gepredigt werden sollen.
Es gibt immer wieder Kritik an der Perikopierung, also an der Abgrenzung der Texte. Manchmal zu Recht, wenn ein Text dann aufhört, wenn es richtig spannend wird, wie zum Beispiel 1. Samuel 3,1-10 am Sonntag vor Pfingsten. Da endet der Predigttext, bevor wir Gottes Antwort auf Samuel hören. Die aber hat es in sich: Da kündigt Gott ab dem 11. Vers ein Strafgericht über die Priester an, die sich selbst bereichern und Frauen sexuell ausbeuten.
Andererseits muss ein Bibeltext im Gottesdienst ja mal ein Ende haben. Auch wenn es packend wäre, die ganze Josefsgeschichte zu lesen, wäre sie für einen Gottesdienst einfach zu lang.
Die Perikopenordnung regelt also, wann welche Bibelabschnitte im Gottesdienst gelesen und gepredigt werden. Jedem Sonntag und jedem Feiertag werden verschiedene Bibeltexte zugeordnet. Das hat man schon in der Alten Kirche (etwa im fünften Jahrhundert nach Christus) gemacht. Seit 1958 gibt es sechs sogenannte Predigtreihen, ergänzt um je einen Wochenpsalm; diese wurden 1978 bereits einmal überarbeitet. Jetzt stand die nächste Revision an.
Die Arbeit daran begann im Mai 2010 und wurde im Frühjahr 2018 abgeschlossen. Die Änderungen sind moderat. Das heißt: Weitgehend wurde das bisherige System erhalten. Die Zahl der alttestamentlichen Texte wurde fast verdoppelt. Dafür mussten ein paar neutestamentliche Texte weichen, zum Beispiel aus dem Johannesevangelium, das bislang überproportional vertreten war.
Die Abschnitte aus der Bibel sollen gut verständlich sein. Das sprach gegen einige Texte aus dem Hebräerbrief. Dafür sollten ein paar mehr biblische Erzähltexte dabei sein, aus dem Alten wie aus dem Neuen Testament. Es sind nun einige Geschichten vertreten, die durch Kindergottesdienst oder Religionsunterricht bekannt sind: zum Beispiel die Verleugnung des Petrus, Jesus im Garten Gethsemane oder die Erzählung von Hagar und Ismael im 1. Mosebuch.
Im Prinzip wurde aber nur eine gute Hand voll Texte ganz herausgenommen. Die meisten, die nicht mehr im Hauptteil der Perikopenordnung vorkommen, sind zu den sogenannten „weiteren Texten außerhalb der Predigtreihen“ verschoben worden. Das sind zusätzliche biblische Texte, die thematisch zu den jeweiligen Sonntagen passen.
Die Perikopenordnung wurde auch auf Bibeltexte mit antijüdischen Aspekten hin untersucht. In Matthäus 12,38–42 zum Beispiel werden die Juden als „böses und ehebrecherisches Geschlecht“ beschimpft. Dieser Abschnitt kam nicht mehr in die Perikopenordnung. Auch sollten mehr Texte vorkommen, die über Frauen erzählen. So gibt es jetzt Passagen aus dem Buch Rut und die wunderbare Erzählung über die beiden Hebammen Schifra und Pua im 2. Mosebuch.