Artikel teilen:

Ein Lebenswerk der Mahnmale

Eine Sensation war Fritz Koenigs Kugel-Karyatide schon im Jahr 1971: Als weltgrößte Skulptur mit acht Metern Höhe und 20 Tonnen Gewicht reiste die Bronze von Landshut nach New York. Auf dem Vorplatz des World-Trade-Centers installiert, wurde sie zu „The Sphere“. 30 Jahre später, am 11. September 2001, stürzten die Zwillingstürme über der Skulptur zusammen. In den Trümmern entdeckte der Künstler seine „verletzte Skulptur“ und war auch dabei, als sie wie eine Art Phönix aus der Asche wieder aufgestellt wurde.

Zum 100. Geburtstag des Bildhauers Koenig (1924-2017) am 20. Juni zeigt das Koenigmuseum in Landshut die erste biografische Ausstellung zu Leben und Werk des Künstlers seit Gründung des Landshuter Museums im Jahr 1998. Seine Kugel-Skulptur avancierte zum Symbol für den Schmerz und den Überlebenswillen der Stadt New York.

Im Mittelpunkt der Ausstellung im Koenigmuseum steht unter anderem die Kugel – in vielfacher Ausfertigung. Zudem werden anhand von Skulpturen und grafischen Arbeiten, Dokumenten sowie bislang noch nie gezeigten Fotografien des Künstlers seine wichtigsten Lebensstationen gezeigt. So erzählen seine Werke von der Kindheit und Jugend in Landshut, seiner Zeit als Frontsoldat in Russland, seinem Studium an der Akademie der Bildenden Künste in München und den Stipendienzeiten, unter anderem in Paris und in der Villa Massimo der deutschen Akademie in Rom.

Koenigs Lebenswerk, so scheint es, wird von Mahnmalen durchzogen. Sie sind vor allem nach dem Einsatz als Frontsoldat entstanden. Konzipiert hat er sie in und um Landshut, wo der Bildhauer bis zu seinem Tod 2017 auf dem sogenannten Ganslberg sein Atelier hatte. Seine Arbeiten stehen für sein Credo: „Die Wahrheit der Kunst liegt im Leid, das sie birgt.“ So schuf er unter anderem „Klagebalken“ zur Erinnerung an die 1972 bei den Olympischen Spielen ermordeten israelischen Sportler. Später folgten Mahnmale wie das „Große Kreuz VI“ für die Versöhnungskirche der KZ-Gedenkstätte Dachau. Zu sehen ist die Landshuter Schau im Koenigmuseum am Prantlgarten bis zum 31. Juli 2025. Bei „Fritz Koenig auf dem Ganslberg“ ist von Juni bis Juli 2025 auch das Künstleranwesen geöffnet.

Am 27. Juni öffnet auch die Ausstellung „Fritz Koenig in New York“ im ehemaligen Goethe Haus, dem transatlantischen Zentrum der BRD in New York. Die Schau stellt unter anderem das Thema 9/11 in kunst- und zeithistorischen Perspektiven dar. Einerseits die Entwicklung der „Großen Kugel-Karyatide“ im Werk von Koenig und die Transformation der Skulptur: vom Opfer zum Mahnmal für 9/11.

„Fritz Koenig in Venedig – A Century in Motion“ wird am 28. Oktober gezeigt. Koenig war zweimaliger Biennale-Teilnehmer. Deshalb finde auch eine Präsentation statt zu seinem Werk während der Biennale von Venedig, der ältesten Kunstausstellung der Welt, sagte Alexandra von Arnim, die Leiterin des Koenigmuseums, die in New York und in Venedig als Kuratorin mitwirkte.

Auch die Münchner Glyptothek ehrt vom 13. November 2024 bis 2. März 2025 den Künstler mit einer Ausstellung „Fritz Koenig und die Antike“. In insgesamt neun Räumen werden seine Skulpturen mit Bezug zur Antike gezeigt.

Koenigs große Kugel-Karyatide hat nach 9/11 ein zweites Leben gefunden: Sie steht heute gegenüber von Ground Zero im Libertypark Manhattans. Verblüffend und visionär: Der Meister der Mahnmale fertigte bereits im Jahr 1994 eine Bild-Collage mit zerstörten Zwillingstürmen.