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Ein Buch wie eine Naturgewalt

Im Bibelhaus in Frankfurt am Main werden Druckausgaben der ältesten deutschen Bibelübersetzungen gezeigt. Dabei wird unter anderem deutlich, wie stark Martin Luther die deutsche Sprache geprägt hat

Spitzendrucke der ältesten deutschen Bibelübersetzungen sind in einer bislang einzigartigen Zusammenstellung in Frankfurt am Main zu sehen. Zwei Jahre vor dem 500. Jubiläum der Reformation zeigt das Bibelhaus Erlebnis-Museum bis zum 31. Dezember die Ausstellung „Luthers Meisterwerk – ein Buch wie eine Naturgewalt“.
Bundespräsident Joachim Gauck bezeichnete die Lutherbibel bei der Eröffnung der Ausstellung als eines der wichtigsten geistigen und kulturellen Erzeugnisse der deutschen Nation. Die Bibelübersetzung Martin Luthers sei „unser aller Buch geworden“, sagte Gauck.
Als „Sprachkünstler im Nebenberuf“ habe der Reformator die Seele der deutschen Sprache lebendig werden lassen, „weil ihm das Seelenheil seiner Deutschen am Herzen lag“, so der Bundespräsident. Die ganze Kraft und Präzision, die Sprachgewalt und der poetische Zauber von Luthers Übersetzung der Heiligen Schrift habe allein die „Verankerung des Wort Gottes in den Seelen der Menschen“ als Ziel gehabt.
72 der bedeutendsten Bibeldrucke von Johannes Gutenberg (um 1400-1468) bis nach dem Tod Martin Luthers (1483-1546) seien jetzt in Frankfurt versammelt, sagte Museumsdirektor Jürgen Schefzyk. Die Ausstellung zeige nicht nur die historisch kostbaren Buchbände der Reformationszeit mit ihren reichhaltigen Illustrationen, sondern auch alle Schritte hin zu dem „ersten Weltbestseller“, Luthers Bibelübersetzung, erläuterte er. So ist ein Exemplar des ersten mit beweglichen Metalllettern gedruckten Buches zu sehen, die Gutenberg-Bibel von 1454/55, sowie vorlutherische Übersetzungen auf Deutsch, wie die prachtvoll geschmückte Nürnberger Koberger-Bibel (1483).
Gezeigt werden ebenfalls die ersten von Humanisten wenige Jahre vor Luthers Übersetzungswerk herausgegebenen biblischen Urtexte auf Griechisch und Hebräisch, wie etwa das Neue Testament von Erasmus von Rotterdam (1519). Auch ist die großformatige spanische Biblia Complutensis (1520) zu sehen, die den hebräischen, aramäischen, griechischen und lateinischen Text nebeneinander stellt. Von Martin Luther wird eine Ausgabe seiner ersten, auf der Wartburg erarbeiteten Übersetzung gezeigt, das Neue Testament auf Deutsch vom September 1522. Ebenso ist ein Druck seiner ersten vollständigen „Biblia deutsch“ von 1534 und der letzten von ihm redigierten Ausgabe von 1545 ausgestellt.
Luthers Bibelübersetzung habe den Durchbruch geschafft, weil der Reformator eine Sprache formuliert habe, die das Volk verstand, erklärte Schefzyk. Die deutschen Bibeldrucke vor ihm hätten die lateinische Ausgabe Vulgata wortwörtlich übersetzt und seien schwer verständlich gewesen. Luther sei mit seiner oberdeutsch sprechenden Mutter und seinem niederdeutsch sprechenden Vater zweisprachig aufgewachsen und habe den Leuten „aufs Maul geschaut“, wie er sagte. Zugleich habe der sich rasend entwickelnde Buchdruck Luthers Schriften zu Bestsellern gemacht.
Inszenierungen sollen die Ausstellung greifbar machen, so gibt es eine Druckerpresse zum Anfassen, und Besucher können ein Blatt der Lutherbibel als Raubkopie herstellen. Ein Buchfass macht den damaligen Container anschaulich, und an einem Basteltisch kann eine „kleine Biblia“ aus Druckvorlagen mehrerer Psalmen hergestellt werden. Eine „Luther-Wort-Maschine“ fordert dazu auf, bekannte Redewendungen zu ergänzen. Ausgestreute „Lutherworte“ machen auf die prägende Wirkung der Lutherbibel auf die deutsche Sprache aufmerksam, wie „klar und deutlich“ (5. Mose 27,8), „ein Licht aufgehen“ (Mt 4,16), „für sich selbst sprechen“ (Joh 9,21) oder „vollsaufen“ (Jes 56,12). epd

Öffnungszeiten: dienstags bis samstags 10 bis 17 Uhr, sonntags 14 bis 18 Uhr. Ein Veranstaltungsprogramm begleitet die Ausstellung. Kontakt: Telefon (0 69) 66 42 65 25, Internet: www.bibelhaus-frankfurt.de.