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Ecuador – die erste Anti-Trump-Wahl?

Die Bürger in Ecuador stehen vor einer echten Richtungswahl. Das gilt auch für die außenpolitische Ausrichtung des Landes. Die USA könnten einen Verbündeten verlieren.

Ecuador gehört in der Regel nicht zu den Ländern, denen außenpolitisch besonders großes Gewicht zugesprochen wird. Und doch steht bei der Stichwahl um das Präsidentenamt am Sonntag in dem Andenstaat eine Menge auf dem Spiel. Entscheiden müssen sich die gut elf Millionen Wahlberechtigten zwischen dem konservativen Amtsinhaber Daniel Noboa (37) und der linken Herausforderin Luisa Gonzalez (47).

Noboa, als Nachfolger des gescheiterten Guillermo Lasso für den Rest von dessen Amtszeit gewählt, ist erst seit gut einem Jahr im Amt. Seitdem versucht er, sich als Hardliner zu inszenieren. Im Kampf gegen die immer mächtiger werdenden Drogenkartelle setzt er auf einen Ausnahmezustand und das Militär. Zudem will er eine US-Basis im Land etablieren. Zuletzt suchte er die persönliche Nähe zu US-Präsident Donald Trump. “Er fand es positiv, dass wir den Narco-Terrorismus bekämpfen”, berichtete er anschließend nach Hause.

Das wirkte so, als ob er dem Weißen Haus gegenüber eine Art Rechenschaftspflicht habe. Doch genau das könnte nun zu einem Problem für den Sohn des reichsten Ecuadorianers und Bananen-Unternehmers Alvaro Noboa werden. Denn Trumps Beliebtheit hat in Lateinamerika und Ecuador gelitten, seit die US-Regierung Hispanics auch nach Ecuador mit großer medialer Aufmerksamkeit ausfliegen lässt. Auch die Zollpolitik dürfte wenig dazu beigetragen haben, dass Trump in Ecuador Sympathiepunkte sammelt. Der Versuch Quitos, mit Gegenzöllen zu agieren, brach schnell in sich zusammen.

Entsprechend angriffslustig zeigte sich Luisa Gonzalez, die als Wunschkandidatin von Ex-Präsident Rafael Correa (2007-2017) gilt. Der lebt im Exil in Belgien, dem Heimatland seiner Frau, weil es massive Korruptionsvorwürfe gegen ihn gibt und die Staatsanwaltschaft ermittelt. Inzwischen arbeitet Correa für den umstrittenen Sender Russia Today.

Ein Sieg von Gonzalez wäre auch ein Triumph für Correa, einem Vertreter der Hochphase des lateinamerikanischen Sozialismus des 21. Jahrhunderts. In seiner Regierungszeit gab es massive Einschränkungen der Pressefreiheit. Der Linkspolitiker setzte vor allem gegen die Zeitung “El Universo” auf massive Repression. Er dürfte bei einem Sieg von Gonzalez nach Ecuador zurückkommen und eigene Machtansprüche stellen.

“Ich werde die Souveränität Ecuadors verteidigen”, versprach Gonzales mit Blick auf die Unbeliebtheit Trumps. Ihr Nachteil: Berichte offenbarten, dass sie in der Vergangenheit immer wieder mal mit Privatflugzeugen in Steueroasen flog – was die Vermutung nahelegt, dass die ehemalige Correa-Ministerin dort Verbindungen unterhält. Aufgeklärt ist das nicht.

Die Probleme des Landes sind riesig. Immer wieder gibt es Mordanschläge auf Kommunal- oder Regionalpolitiker. Im Wahlkampf vor zwei Jahren, als Noboa gewinnen konnte, wurde ein tödliches Attentat auf den Präsidentschaftskandidaten und Investigativ-Journalisten Fernando Villavicencio verübt.

Seine beiden Töchter erinnerten in einem dramatischen Appell daran, dass ihr Vater auch über die Korruption im Correa-Lager berichtet habe. Die Macht der Drogenkartelle war bis in die Haftanstalten zu spüren, in denen es immer wieder massive Ausschreitungen mit teilweise Dutzenden Toten gab.

Die Menschen bewegt auch eine Wirtschaftskrise. Noboa versprach die Schaffung von einer Millionen Arbeitsplätzen. Wie genau er das schaffen will, ließ der Amtsinhaber offen. Rating-Agenturen kommentieren, dass am Sonntag auch über die Zukunft eines neuen Kredits des Internationalen Währungsfonds abgestimmt wird. Noboa gilt als wirtschaftsnah – und damit als bevorzugte Lösung des IWF.

Ecuadors Indigene haben sich zwar nicht einheitlich, aber ihre prominentesten Organisationen für Gonzales ausgesprochen. Erwartet wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen.