Ein Absturz aus 40 Metern Höhe den Fels hinunter, ohne Helm. „Lebt er noch?“, lautet die erste Frage der Bergretter, die an einem Seil hängend vom Hubschrauber zur Unglücksstelle hinabgelassen werden. Und ja, der 44-jährige Wanderer lebt – offenbar hatte er „ein paar Schutzengel“, wie es einer der Männer von der Bergwacht Ramsau ausdrückt. Schwer verletzt aber ist der Bergsteiger, bei dessen Rettung die Zuschauenden gefühlt unmittelbar dabei sind.
Für dieses Live-Gefühl sorgen Body-Cams an den Körpern der Bergretter. Deren Bilder wurden für die Doku-Serie „In höchster Not – Bergretter im Einsatz“ zu einem ziemlich packenden Actionspektakel montiert; daneben stehen Interviews mit den Bergrettern sowie (Drohnen-)Aufnahmen der Berchtesgadener Alpen. Das Ruckelige, Wackelige, Ungeschönte dieser Bilder erhöht die Spannung, indem es die „Authentizität“ des Geschehens belegt. Ausgestrahlt wird die Serie ab 14. April jeweils von 20.15 bis 21.00 Uhr im BR Fernsehen; in der ARD-Mediathek sind die acht Folgen bereits ab 9. April abrufbar.
Ein Grundbedürfnis des Publikums
Äußerst umfangreich ist mittlerweile die Liste der TV-Reihen, die sich dokumentarisch oder fiktional mit Rettern aller Couleur beschäftigen: Ob die Doku-Serien „Feuer und Flamme“, „Firefighters“ oder „112: Feuerwehr im Einsatz“, die fiktiven Geschichten rund um „Die Notärztin“ im Ersten oder die erfolgreiche fiktionale ZDF-Actionserie „Die Bergretter“.

Übrigens: Während Letztere im steirisch-österreichischen Ramsau gedreht wird, berichtet die dokumentarische BR-Serie aus dem im deutschen Nationalpark Berchtesgaden liegenden Ramsau. Doch ob nun dies- oder jenseits der Grenze: Offensichtlich bedient es ein menschliches Grundbedürfnis, Rettern bei der Arbeit zuzusehen. Denn die Fallhöhe ist hoch; häufig geht es bei den Einsätzen um Leben oder Tod. Und um Menschen, die sich selbst in Gefahr bringen, um anderen zu helfen.
Weder Spielzeug noch Fitnessgerät
Im Fall der Bergwacht kommen die Schauwerte hinzu, die Schönheit und Erhabenheit der Bergwelt, der kleine Mensch im Angesicht der mächtigen Natur. „Der Berg ist immer der Chef, und er verzeiht halt auch keine Fehler“, so formuliert es ein älterer Bergwachtler. Die Serie verzichtet auf einen Off-Kommentar, lässt stattdessen viele Ehrenamtliche zu Wort kommen – Männer zumeist, Frauen sind bei der Ramsauer Bergwacht klar in der Unterzahl. Gebirge seien „weder Spielzeug noch Fitnessgerät“, auch wenn das heutzutage „oft mal ein bisschen vergessen“ werde, merkt Bergretter Raphael Hang kritisch an. Derlei Aussagen werden mit eindrücklichen Bildern von Watzmann, Hochkalter und Co. gegengeschnitten, vor allem aber mit Aufnahmen von Rettungseinsätzen.
In der ersten Folge muss neben dem erwähnten 40-Meter-Sturz ein junger Mann gerettet werden, der sich selbst über- und den Blaueisgletscher unterschätzt hat – ein Klassiker der Bergrettung, wenn man so will. Der Wanderer steckt an der so genannten Randkluft fest, der tiefen Spalte zwischen Gletscher und Fels. Zurück kann er auch nicht mehr, zumal das Wetter umschlägt. Er ist nur „terrestrisch“ zu erreichen: Während sich Raphael Hang von oben nähert, steigen weitere Retter von unten auf.
Mehr Informationen wären gut gewesen
Das Risiko, dem sich die Ehrenamtlichen aussetzen, wird hier im wahrsten Wortsinne greifbar, während man sozusagen zusammen mit dem Bergretter bei dichtem Nebel über steiniges Geröll absteigt: Man meint die scharfkantigen Felsvorsprünge fast zu fühlen, nach denen Raphael Hangs Hände greifen. Zumal man nebenbei von einem Einsatz an eben jenem Gletscher erfährt, bei dem der damalige Bergwacht-Leiter Peter Hillebrand 1992 in den Tod stürzte.