Greifswald. Mit schlafwandlerischer Sicherheit bewegt sich Udo Griwahn von der Grimmer Firma für Turmuhren- und Läuteanlagenbau über die schmalen Holzbretter des Baugerüsts. Ihm ist nicht anzumerken, dass es unter ihm mehr als 50 Meter steil in die Tiefe geht. Und das aus einer einzigartigen Perspektive! Das Baugerüst macht es möglich, im Armabstand vor den weit übermannshohen Ziffernblättern zu stehen, die von unten doch so klein wirken: beeindruckend.
Bei Wind und Wetter so weit oben zu arbeiten, macht das keine Angst? „Eigentlich nicht. Und wenn, dann legt man das mit der Zeit ab“, sagt Architekt Burkhardt Eriksson achselzuckend. Ihm macht die Höhe auf den engen Gerüstgängen offensichtlich nichts aus, genauso wenig wie Sylvia Morgenstern. „Wir werden die Farbgebung nach dem originalen historischen Befund wiederherstellen“, erklärt die Metallrestauratorin, während sie vor der Dom-Uhr steht.
Arbeiten bei Wind und Wetter
Allerdings sollen diese Arbeiten dann doch in der komfortablen Werkstatt vollführt werden, statt oben in luftiger Höhe. „Jetzt ist hier ja noch vergleichsweise wenig Wind“, erklärt sie. Dabei zieht es gewaltig auf dem Kirchturm! Nach dem Sommer würde es auf Uhr-Ebene deutlich kälter, umständlich sei hier jeder Handgriff. „Da ist in der Werkstatt genaueres Arbeiten möglich“, so die sympathische junge Frau.
Dazu müssen die 3,60 mal 3,40 Meter großen Ziffenblätter dann aber vom Turm gewuchtet werden: eine Herausforderung. Auf zirka 300 Kilo schätzt Udo Griwahn das Gewicht jedes Ziffernblattes. „Wir haben uns entschieden, die Platten in der Mitte aufzutrennen, um sie in kleineren Teilen hinunter zu befördern. Sie werden dann später hier oben wieder zusammengefügt“, erklärt sie. „Wie man die Platten 1908 hier hochbekommen hat – keine Ahnung!“ Die Ziffernblätter waren damals vorgegossen und dann nachgearbeitet worden, sagt sie. Dann wurden sie mit schwarzer Farbe bemalt und vergoldet. Und genau so wird es auch jetzt wieder geschehen. Noch in diesem Jahr soll die Uhr, die seit zwei Jahren still steht, wieder laufen, so die Planungen.