Hannover. Wie lassen sich die Inhalte des liturgischen Kalenders anders – und vielleicht berührender – zu den Menschen transportieren? Dies fragten sich Christiane Neukirch, landeskirchliche Beauftragte für gebärdensprachliche Seelsorge, und Kay Oppermann, Leiter der Digitalen Agentur in der landeskirchlichen Medienarbeit. Seit 2012 bietet das „Kalenderblatt“ auf der landeskirchlichen Website an jedem Tag der Woche neben der Tageslosung und dem Wochenspruch auch Informationen zum jeweiligen Sonntag, eine Wochenandacht, Lieder und eine Erklärung zur aktuellen liturgischen Farbe.
Wie, so überlegten Neukirch und Oppermann nun, ist es möglich, den Wochenspruch nicht nur schwarz auf weiß zu den Menschen zu bringen, sondern auch in einer emotional ansprechenderen Form? Wie kann man gehörlose Menschen – aber nicht nur sie – erreichen? In Gebärdensprache, lautete die Lösung, aufgezeichnet in kurzen Filmen mit nur einer Kameraeinstellung, begleitet von ruhiger Musik und dem eingeblendeten Text des Spruches.
Seelsorgerin im Scheinwerferlicht
Bereits im Herbst 2017 wurden die ersten 30 Gebärdenfilme aufgenommen. Jetzt folgten 22 weitere. In einem abgedunkelten Sitzungsraum im Haus kirchlicher Dienste rückte ein Kamerateam des Evangelischen Kirchenfunks an, spannte schwarze Stoffbahnen, richtete Scheinwerfer aus und brachte die Kamera in die richtige Position.
Dann nahm Christiane Neukirch, unterstützt von einer Gebärdendolmetscherin, die Sprüche auf – konzentriert und lebendig, mit ausdrucksstarker Mimik und klaren Gesten. Oft war die Aufzeichnung gleich beim ersten Mal „im Kasten“, manchmal bat Neukirch um eine Wiederholung, um eine Aussage klarer zu machen oder einen Fehler zu korrigieren.
„Anstrengend ist das – ganz allein inmitten von Scheinwerfern zu stehen und von einer Kamera beobachtet zu werden“, sagte die Seelsorgerin in einer Aufnahmepause. Sorgfältig hatte sie sich auf den Drehtag vorbereitet, die Wochensprüche in die Gebärdensprache übertragen und sich mit einer Gebärdendolmetscherin abgestimmt. Dabei entstanden gestische und Sprachbilder, die ein schlichtes „zu eurem Wohl“ in ein warmes Wohlgefühl verwandeln.
Mehr Werbung für Gebärdenfilme
„Obwohl ich bei der Aufzeichnung dabei bin, bleibt für mich die Zeit stehen, wenn ich die Wochensprüche anschaue“, sagt Oppermann. „Dann gehe ich eine Woche lang mit ‚Lobe den Herrn‘ oder einer anderen Zeile spazieren.“
Einig sind sich Christiane Neukirch und Kay Oppermann in dem Wunsch, das Leben in der Liturgie des Kirchenjahres zu stärken. Dafür wollen sie die mittlerweile 52 Gebärdenfilme offensiver als bislang bewerben: Die Filme sind auf der Seite der Evangelischen Gebärdenkirche in Niedersachsen und auf der Seite der hannoverschen Landeskirche zu sehen; zukünftig können sie auch in gemeindliche Webseiten im landeskirchlichen System max-e eingebunden werden.
Demnächst werden weitere Gebärdenfilme mit Pastorin Andrea Haase und Pastor Bernd Klein von der Evangelischen Gebärdenkirche aufgezeichnet: Die 52 Wochensprüche werden damit ergänzt durch weitere 18 Feiertagssprüche zu besonderen Tagen des Kirchenjahres.