Der Predigttext des kommenden Sonntags lautet: "Darum so schäme dich nicht des Zeugnisses unsers HERRN noch meiner, der ich sein Gebundener bin, sondern leide mit für das Evangelium wie ich, nach der Kraft Gottes." aus 1. Timotheus 1, 7-10
Mit der Scham ist es so eine Sache. Wenn mir erst einmal die Röte ins Gesicht steigt, lässt sich das nicht mehr verhindern. Auch nicht durch die Aufforderung: „Schäme dich nicht!“ Die glühenden Wangen lassen sich davon nicht beeindrucken. Deshalb frage ich mich, ob es eine gute Idee von Paulus war, seinem jungen Freund Timotheus den Rat zu geben: „Schäme dich nicht, über das zu sprechen, was dich im Glauben bewegt.“
Wer in der DDR groß geworden ist, wird vielleicht seine eigenen Erfahrungen damit gemacht haben, dass Glaube und Scham eng miteinander verbunden sein können. Christian hat als 15-Jähriger erfahren, wie schnell man dort damals als Christ als Außenseiter dastehen konnte: Alle Jungen der Klasse waren im „Wehrlager“. Als dort gefragt wurde „Sind Christen dabei?“, war er der Einzige, der sich gemeldet hat. Die nächste Frage war: „Schießt du mit?“ Und er sagte „Nein“. Im Nachhinein meint er: „Damals war wohl der Moment, in dem mein politisches Nachdenken geweckt wurde. Mein Gewissen hat mir gesagt, dass ich bei diesen Militärübungen nicht mitmachen kann.“
Die Konsequenzen hat er dann am eigenen Leib gespürt. Immerhin – er durfte zurück in die Schule und dort „Zivilverteidigung“ üben, mit den Mädchen. „Was du dir da wieder geleistet hast!“, schimpfte später sein Chemielehrer. Die Direktorin tobte. „Nur die Frau vom Pfarrer sagte mir: ‚Das ist richtig, was du gemacht hast!‘ Damals war das für mich ganz wichtig. Dass es auch mal einen Erwachsenen gab, der mir Mut gemacht hat.“
Heute ist der politische Druck, Gott sei Dank, weg: Dennoch kostet es mich jedes Mal Mut, wenn ich von meinem Glauben erzähle. Und das ist ja auch gar nicht verwunderlich, denn schließlich geht es beim Glauben um die innersten Gefühle. Das Innerste preiszugeben und anderen etwas davon zu zeigen, das kostet Überwindung. Menschen wie Christian machen mir da Mut. Er hat sich getraut, mit aller Klarheit für seine Meinung und für sein Christsein einzustehen. Auch wenn er sich damals geschämt haben mag..
Unsere Autorin
Susanne Platzhoff ist Vikarin an der Bernogemeinde Schwerin.
Zum Predigttext des folgenden Sonntags schreiben an dieser Stelle wechselnde Autoren. Einen neuen Text veröffentlichen wir jeden Mittwoch.
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Die eigene Scham überwinden
Über Menschen, die sich trauen, für ihren Glauben einzustehen, schreibt Susanne Platzhoff. Sie ist Vikarin in Schwerin.
