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Die Bibel lesen

Woche vom 11. bis 17. Dezember

Sonntag: Psalm 68, 20-36
Montag: Jesaja 65, 1-10
Dienstag: Jesaja 65, 11-16
Mittwoch: Jesaja 65,17-25
Donnerstag: Jesaja 66, 1-4
Freitag: Jesaja 66, 5-14
Samstag: Jesaja 66, 15-24

Das letzte Kapitel des großen Jesajabuches rundet die Verheißungen ab und beschreibt den Neubeginn. Gott begehrt dazu nicht den Tempelbau, den Wiederaufbau der Steine, der doch für Israel in der Zeit nach dem Exil gewissermaßen Gottes Unterpfand für die Rückkehrer war. Er will auch nicht mehr den Opferkult alten Stils. Sogar die Tiere werden in ihrer Würde als Gottes Geschöpfe gesehen: Wer einen Stier schlachtet, gleicht dem, der einen Menschen erschlägt! Solche Sätze gab es zuvor noch nicht in dieser Eindeutigkeit. Gott geht es um den „Wiederaufbau der Herzen“, ihm geht es um die Elenden, um die Menschen mit „gebrochenem Geist“, die nicht nur ihr äußeres Hab und Gut verloren haben, sondern die in ihren Seelen zerstört sind.

Die reale Stadt Jerusalem wird immer mehr zu einem Symbol, das aus der Vergangenheit sogar in die Zukunft des göttlichen Friedensreiches hineinragt – so wie es bis heute der traditionelle jüdische Neujahrsgruß tut: „Nächstes Jahr in Jerusalem!“. In diesem Jahr ist noch einmal besonders bewegend, die aktuelle Jahreslosung in vollem Zusammenhang zu lesen: Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet (66,13). Die Verse zuvor formulieren das noch konkreter. Es ist aber auch ein Trost im Angesicht des Gerichtes. Gott zeigt den Weg aus der Angst und aus dem Gericht, aber man muss ihn eben auch gehen, um den Trost zu empfangen.

Damit wird nun die Lektüre dieses gewaltigen Werkes abgeschlossen. In der Zeit des babylonischen Exils hat es seinen historischen Ort gehabt. Überliefert wurde es durch Abschriften, von denen die inzwischen berühmteste 1947 in Qumran wiedergefunden wurde. Sie wurde um 200 v. Chr. geschrieben und enthält nahezu lückenlos den Text dieses Prophetenbuchs, übrigens in verblüffend gutem Zustand. Dieser deckt sich bis auf wenige unbedeutende Abweichungen mit der bis dahin ältesten vollständigen Bibelhandschrift, dem Codex Leningradensis von 1008 nach Christus.

Deshalb gehen Bibelforscher heute von einer erstaunlichen Genauigkeit bei den mindestens 1200 Jahre fortgesetzten Kopien von Bibelhandschriften aus. Diese Genauigkeit wird darum auch bei der Überlieferung vor Qumran vorausgesetzt. Die Jesaja-Rolle wird heute in Jerusalem im Nationalmuseum aufbewahrt und als fundamentale Urkunde vom Staat Israel gehütet. Sie ist sogar atombombensicher versenkbar. Verständlich unter den heutigen Bedrohungen, aber auch beklemmend, denn mit dem Satz „Gottes Wort bleibt in Ewigkeit!“(Jesaja 40,8) war doch wohl etwas anderes gemeint.