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Die Bibel lesen

Woche vom 7. bis 13. Februar Sonntag: Psalm 31 Montag: Titus 1,1-9 Dienstag: Titus 1,10-16 Mittwoch: Titus 2,1-10 Donnerstag: Titus 2,1-15 Freitag: Titus 3,1-15 Samstag: Philemon 1-25

Titus ist nicht aus der Apostelgeschichte, sondern nur aus dem Galater- und dem 2. Korintherbrief bekannt. Er ist ein „exemplarischer Heidenchrist“, den Paulus mit nach Jerusalem auf das Apostelkonzil nahm. Er sollte als lebendiges Beispiel dafür dienen, dass man nicht erst die Beschneidung vollziehen, also zum Judentum übertreten müsse, um vollgültiges Glied der Gemeinde Jesu zu sein. Das war die grundsätzliche Richtungsentscheidung, die eine weltweite Ausbreitung des Christentums ermöglichte.
Titus ist inzwischen auf Kreta zurückgeblieben, „damit du in Ordnung bringst, was noch nicht erledigt ist!“(1,5). Das bedeutete das „Knüpfen eines christlichen Netzwerkes“ auf dieser strategisch wichtigen Mittelmeerinsel und den Aufbau einer funktionierenden Organisation, also nicht nur einer kleinen Gruppe in einem verborgenen Winkel. Und das bedeutete zugleich – wie so oft – Ketzerbekämpfung, um die Gemeinde selbstständig zu machen und innerlich zu festigen.
Eine besondere Aufmerksamkeit gebührt dem Philemonbrief, weil er trotz seiner Unscheinbarkeit ein deutliches Licht auf die Situation der frühen Gemeinden wirft. Dieses Schreiben ist im Jahr 54 ohne jeden Zweifel von Paulus selbst verfasst – teils sogar mit eigener Hand! Es handelt sich um eine delikate Angelegenheit, denn Onesimos, um den es geht, ist Sklave, also Eigentum des Philemon, rechtlich einem Haustier gleichgestellt. Dieser Sklave nun war dem Philemon offenbar entlaufen, möglicherweise sogar unter Mitnahme von Geld (18f.). Dann aber begegnete er Paulus, wurde Christ und gehörte zu dessen Vertrauten. Deswegen will Paulus ihn gerne bei sich behalten, aber er respektiert natürlich die Rechtslage und sendet den Mann zurück. Aber: Aus einem menschlichen Arbeitstier ist ein Bruder geworden!
Paulus will also nicht nur „entlaufenes Eigentum“ zurückgeben und damit den früheren Rechtsstand wieder herstellen. Er nennt den bislang rechtlosen Onesimos sein Kind (10), sogar sein Herz (12) und fleht geradezu, ihn als gleichwertiges Familienmitglied zu akzeptieren. Die Höflichkeit und Wärme, aber auch die Eleganz und zugleich Nachgiebigkeit der Argumentation zeigen eine andere Seite des Apostels als etwa der Galaterbrief. Aber man ahnt die Spannungen, die eine Kirche zu bewältigen hatte, in der alle Menschen gleichermaßen als Geschöpfe Gottes und durch Christus Erlöste betrachtet wurden.