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Dialog unmöglich: Stummes Gedenken an Hamas-Opfer gestört

Vor dem Kirchenportal teils aggressive Töne, drinnen ziemlich entspannte Konzertstimmung: Eine umstrittene pro-palästinensische Veranstaltung in der evangelischen Himmelfahrtskirche im Münchner Stadtteil Sendling am Dienstagabend erhitzt auch am Tag danach noch die Gemüter. „Unwohl“ habe sie sich gefühlt, sagte eine pro-israelische Demonstrantin am Mittwochmorgen. Das stumme Gedenken an die Opfer des Hamas-Terroranschlags vom 7. Oktober, an dem sie außerhalb der Kirche teilgenommen hat, sei massiv von pro-palästinensischen Aktivisten gestört worden, die Polizei sei mit nur einem Beamten vor Ort und dieser mit der Situation völlig überfordert gewesen.

Anlass für das bei den Behörden angemeldete stumme Gedenken war die Veranstaltung „Benefizkonzert Medico International Nothilfe für Gaza“. Als Veranstalter wird auf der Internetseite der Himmelfahrtsgemeinde „Johannes König/Medico International“ genannt. Die Kirchengemeinde hatte die Räume für die Veranstaltung vermietet, Pfarrerin Stephanie Höhner hatte am Dienstagabend auch ein Friedensgebet gesprochen. Kritik an der Veranstaltung hatte sich nicht am eigentlichen Benefizkonzert entzündet, sondern vor allem wegen der angekündigten Rednerin, der Journalistin Alena Jabarine, und des Moderators Kerem Schamberger.

Der Antisemitismusbeauftragte der bayerischen Staatsregierung, Ludwig Spaenle, hatte bereits am Montag von einer „einseitig pro-palästinensischen“ Veranstaltung gesprochen. Spenden sammeln für die medizinische Versorgung von Menschen im Gazastreifen, verbunden mit einem Musikkonzert und einem Podiumsgespräch verdiene grundsätzlich Anerkennung. Aber der Auftritt des Linksextremen Schamberger und der Journalistin Jabarine, die in der Vergangenheit schon mit anti-israelischen Aussagen und pro-palästinenischer Propaganda aufgefallen war, sei „eine verpasste Chance“. Pfarrerin Höhner hatte die scharfe Kritik zurückgewiesen.

Während am Dienstagabend dann vor der Kirche pro-israelische Demonstranten mit Fotos von israelischen Geiseln, die seit 7. Oktober in der Gewalt der palästinensischen Terror-Organisation Hamas sind, eine stille Kundgebung vor der Himmelfahrtskirche abhalten wollten, wurden diese nach eigenen Angaben massiv von pro-palästinenischen Aktivisten und stadtbekannten Linksextremen bedrängt. Diese hätten beispielsweise den pro-israelischen Demonstranten in Großaufnahme und direkt ins Gesicht gefilmt, darüber hinaus hätten sie die gezeigten Fotos der Geiseln mit Palästinenser-Tüchern zu verdecken versucht, sagte eine Teilnehmerin.

In der Kirche gestaltete sich die Atmosphäre dann nach Angaben von Teilnehmenden schnell als ziemlich entspannt – dafür sorgten vor allem die musikalischen Beiträge. Journalistin Jabarine war zudem gar nicht anwesend, sie wurde als erkrankt entschuldigt. Die Himmelfahrtskirche war Besuchern zufolge „richtig voll“, wie sonst nur zu Weihnachtsgottesdiensten.

Kritiker der Veranstaltung hatten seit deren Bekanntwerden vor allem auch bemängelt, dass die evangelische Kirchengemeinde in Sendling überhaupt ihre Räumlichkeiten dafür zur Verfügung stellt. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts sind evangelische Kirchengemeinden aber weitgehend autonom in ihren Entscheidungen; weder die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern (ELKB) noch die direkt übergeordneten Stellen wie etwa das Pro- oder das Stadtdekanat haben die Möglichkeit, solche Veranstaltungen in kirchlichen Räumlichkeiten zu untersagen. Vermietungsentscheidungen treffen Pfarrpersonen und Kirchenvorstände vor Ort.

Die Polizei konnte am Mittwochmorgen keine aktuelle Stellungnahme zur Veranstaltung in Sendling geben; zu viele aktuelle Themen lägen vor, sodass man zeitnah keine Einschätzung zur Veranstaltung selbst oder den Kundgebungen vor der Kirche abgeben könne, sagte eine Sprecherin der Polizei nach mehrmaliger Nachfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd). (00/2333/31.07.2024)