125 Jahre nach seiner Gründung hat das “Deutsche Evangelische Institut für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes” (DEI) sich von einer kolonialen Einrichtung zu einem anerkannten Wissenschaftspartner im Nahen Osten entwickelt. Darauf aufbauend wolle man in Zukunft durch ein Fellow-System zum Wissenschaftsvermittler werden, erklärte DEI-Direktor Dieter Vieweger im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). So soll unter anderem gegen das Phänomen des wissenschaftlichen “Elfenbeinturms” angekämpft werden.
Als Kind seiner Zeit sei das DEI zunächst in Konkurrenz zu Mächten wie Frankreich, Italien, den USA etabliert worden, die damals das Heilige Land als ihr Gebiet beanspruchten, so Vieweger. Heute verstehe sich das Institut mit seinen beiden Standorten Jerusalem und Amman (Jordanien) hingegen als Gast und stehe unter den Antikengesetzen der jeweiligen Länder. In Israel etwa sei 2011 der Sonderstatus “historisches Institut” gekippt worden, wodurch das Institut Universitäten und anderen Lehreinrichtungen gleichgestellt sei und sich an gleichen Ansprüchen messen lassen müsse.
Künftig wolle man durch ein System von Gastmitgliedern verschiedener Fächer den Status als Gesprächs- und Wissenschaftspartner weiter ausbauen und damit zum Vermittler werden. Dazu solle auch der Austausch mit jährlich rund 50 hochkarätigen europäischen Gästen beitragen.
Als weiterhin wertvoll beschreibt Vieweger das Konzept der Lehrkurse, durch die seit 1903 jedes Jahr sechs Wissenschaftler verschiedener Disziplinen gemeinsam das Heilige Land besuchen. Basierte das Konzept ursprünglich auf dem Gedanken, dass “man nicht in Deutschland über Texte philosophieren sollte, deren geografischen Ursprung man nicht greifen kann”, sei der interdisziplinäre Austausch auch heute eine große Chance für Wissenserweiterung. “Eine Wissenschaft allein ist mit der Komplexität des Gebietes überfordert”, so Vieweger.