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Deutsch-polnisches Netzwerk forscht zu Zwangsarbeit in NS-Zeit

Ein deutsch-polnisches Forschungsnetzwerk will die Erinnerung an die ehemaligen Zwangsarbeiter unter dem nationalsozialistischen Regime wachhalten. Die Schwerpunkte sind die wissenschaftliche Aufarbeitung der Arbeitseinsätze polnischer Kriegsgefangener und ziviler Arbeitskräfte im Raum Ostwestfalen-Lippe, wie die Gedenkstätte „Stalag 326“ in Schloß Holte-Stukenbrock mitteilte. Zum Auftakt findet eine erste binationale Tagung am 29. und 30. August im Besucherbergwerk und Museum Kleinenbremen in Porta Westfalica statt.

Das Schicksal der bis zu 420.000 polnischen Kriegsgefangenen spiele sowohl im kollektiven Gedächtnis als in der Erinnerungskultur in Deutschland eher eine untergeordnete Rolle, hieß es. Viele von ihnen seien zwischen 1939 und 1945 als Zwangsarbeiter in der deutschen Wirtschaft oder Landwirtschaft eingesetzt worden. Auch im damaligen NS-Stammlager „Stalag 326“ in der Senne seien über 1.000 polnische Kriegsgefangene in zahlreiche Arbeitskommandos überstellt worden. In der ehemaligen Eisenerzgrube „Wohlverwahrt“ in Kleinenbremen – heute Stadtteil von Porta Westfalica – wurden demnach rund 500 Polen bei der Untertageverlagerung der Rüstungsindustrie zur Arbeit eingesetzt.

Seit einem Jahr forschen die Gedenkstätte Stalag 326, das Museum Kleinenbremen sowie die KZ-Gedenk- und Dokumentationsstätte Porta Westfalica gemeinsam zu Thema. Darüber hinaus gibt es einen bilateralen Austausch mit Historikerinnen und Historikern des polnischen Zentralen Kriegsgefangenenmuseums an den Standorten Opole und Lambinowice. Mit dem Aufbau eines gemeinschaftlichen Forschungsnetzwerks sollten Perspektiven für die deutsch-polnische Erinnerungskultur aufgezeigt werden, heißt es in der Ankündigung zur Tagung.

Die Gedenkstätte „Stalag 326“ befindet sich auf dem Gelände des ehemaligen „Stammlagers 326“, das während des Zweiten Weltkrieges das wahrscheinlich größte Lager der Wehrmacht für sowjetische Kriegsgefangene und Verschleppte im Gebiet des damaligen Deutschen Reiches war. In der Zeit zwischen 1941 und 1945 durchliefen
etwa 300.000 Gefangene das „Stalag 326“ zur Musterung von Zwangsarbeit im Ruhrbergbau, auf Höfen und in Fabriken. Schätzungen zufolge starben bis zu 65.000 aufgrund der katastrophalen Lagerbedingungen, in einem nah gelegenen Lazarett und den Arbeitskommandos.

Die KZ-Gedenk- und Dokumentationsstätte in Porta Westfalica bei Minden ist ein Altbergbau und Stollensystem aus den letzten Kriegsjahren. Dort werden Führungen in der ehemaligen Untertageverlagerung „Dachs 1“’ und Rundgänge über Tage angeboten.