Der designierte EU-Kommissar für Migration und Inneres, der ehemalige österreichische Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP), hat bei seiner Anhörung im EU-Parlament seine künftigen Prioritäten vorgestellt, sollten ihn die Abgeordneten im Amt bestätigen. Dabei zeichnete er das Bild einer „fairen, aber entschiedenen Migrationspolitik“, wie Brunner am späten Dienstagabend in Brüssel erklärte.
Der Österreicher zeigte sich dabei grundsätzlich offen gegenüber Abschiebezentren außerhalb der EU. „Ein solches Konzept müsste auf humane und rechtlich einwandfreie Weise organisiert werden“, erklärte er auf die Frage von Abgeordneten. Aktuell gehe es darum, Standpunkte anzuhören und herauszufinden, wie solche Zentren umgesetzt werden könnten.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte kürzlich einen Zehn-Punkte-Plan mit Vorschlägen vorgelegt, um das EU-Asylrecht weiter zu verschärfen. Darin enthalten war auch ein Vorschlag für Abschiebezentren außerhalb der EU. Von der Leyen bezog sich dabei explizit auf die Entscheidung der italienischen Regierung, Asylverfahren teilweise in ein Lager nach Albanien auszulagern.
Brunner äußerte sich in seiner Anhörung vor den Parlamentariern grundsätzlich offen für „neue Ansätze“. Man könne aus den Erfahrungen der italienischen Regierung lernen. Er verstehe Rückkehrzentren aber ausschließlich als Orte für Personen, deren Asylantrag bereits abgelehnt wurde, betonte er. Solche Einrichtungen müssten dabei in Einklang mit den Grundrechten stehen. Sollte es Verstöße gegen das EU-Recht geben, werde er als Jurist nicht zögern, Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedsstaaten einzuleiten, sagte Brunner.
Die EU-Kommission will einen neuen Gesetzentwurf zur Erleichterung von Abschiebungen vorschlagen, sobald die neue Kommission steht. Ein Datum dafür konnte Brunner auf Nachfrage noch nicht nennen. Ein Versuch, die 16 Jahre alte EU-Richtlinie für Abschiebungen zu reformieren, war vor sechs Jahren gescheitert. Damals konnten sich EU-Kommission, EU-Parlament und Rat nicht einigen.
Als weitere Priorität benannte Brunner die zügige Umsetzung der Reform zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS). Erst im Frühjahr hatte sich die EU nach jahrelangen Verhandlungen darauf geeinigt. Das Gesetzespaket zur Verschärfung des Asylrechts enthält zehn Bausteine und sieht unter anderem vor, dass Asylsuchende mit geringer Bleibechance schneller und direkt von den EU-Außengrenzen abgeschoben werden. Die neuen Regeln treten laut Plan aber erst 2026 in Kraft.
Vor allem aus Deutschland hatte es Forderungen gegeben, Teile der Reform bereits früher umzusetzen. Brunner erklärte sich allgemein dazu bereit, nannte aber keine konkreten Teile des Paketes, die vorgezogen werden könnten.
Zu den noch nicht erledigten Aufgaben in der EU-Migrationspolitik zählte Brunner einen Rahmen für legale Migration. „Wir brauchen Migranten“, betonte er. Migration sei wichtig, um den Fachkräftemangel und den demografischen Wandel abzufedern.
Nach der Europawahl im vergangenen Juni hatte Ursula von der Leyen die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten aufgerufen, je einen Mann und eine Frau für die 26 Posten der kommenden EU-Kommission vorzuschlagen. Dass sie das Ressort Migration und Inneres einem Finanzexperten zuteilte, rief Kritik hervor. Brunner gab am Dienstag zu, „fachfremd“ zu sein. Er sei aber ein „schneller Lerner“. Die endgültige Entscheidung des EU-Parlaments über Brunners Nominierung fällt Ende November. Die neue Kommission kann dann voraussichtlich zum 1. Dezember die Arbeit aufnehmen.