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Der Stein rollt noch

Hunderte Lieder und dutzende Alben hat Bob Dylan veröffentlicht. Er ist eine Legende der Popmusik – von Folk und Rock über Country zu Gospel und Blues. Am 24. Mai wird er 75 Jahre alt

Unaufgeregt, mit leicht schläfrigem Blick und zerzaustem Lockenkopf: Bob Dylan ist eine Ikone der Musikbranche. Er sei ein Genie, sagte Folksängerin Joan Baez einmal in einem Interview über ihren ehemaligen Lebensgefährten. Mehr als 500 Lieder und 40 Alben hat Dylan in den vergangenen 50 Jahren geschrieben und herausgebracht – darunter unzählige Welthits. Doch an Aufhören denkt der Vollblutmusiker nicht. Sein neues Album soll in diesem Monat erscheinen, wenige Tage vor seinem 75. Geburtstag.

Begleitsongs der Bürgerrechtsbewegung

Als Sohn eines jüdischen Kaufmanns mit deutsch-ukrainischen Wurzeln wurde Dylan am 24. Mai 1941 unter dem Namen Robert Allen Zimmerman in der Kleinstadt Duluth im US-Bundesstaat Minnesota geboren. Ihm sei früh klar gewesen, dass es etwas gebe, wo er hin müsse, was er tun müsse – außerhalb Minnesotas, erklärte Dylan dem US-Sender CBS. Das Kunststudium an der University of Minnesota in St. Paul verbrachte er mehr in Cafés und bei ersten Auftritten als im Hörsaal.
New York war das Ziel. Greenwich Village war Anfang der 1960er Jahre zum Treffpunkt der neuen Musikszene geworden. Für Dylan war New York die Welthauptstadt der Musik, auch wenn seine Eltern das nicht verstanden. Er habe stets an Vorbestimmung geglaubt, so Dylan. Es sei auch sein Schicksal gewesen, seinen Namen zu ändern. „Manche Menschen kommen mit dem falschen Namen und den falschen Eltern auf die Welt, das passiert.“
In Big Apple nahm er seine ersten Songs auf, zunächst als Mundharmoniker-Spieler auf einem Album von Harry Belafonte. Den Durchbruch brachten seine beiden Alben „The Freewheelin‘ Bob Dylan“ und „The Times They Are a-Changin“. Mit seinen Liedern über Krieg oder Rassenhass, wie in „Blowin‘ In The Wind“, wurde Dylans Musik zum Soundtrack der Bürgerrechtsbewegung der 1960er Jahre.
Seine frühen Lieder seien auf beinahe „magische Art und Weise geschrieben worden“, sagte Dylan. Doch als Idol und Protestführer habe er sich nie gefühlt. Umso rebellischer versuchte er, diese Rolle abzulegen. Seine Beziehungen zur Presse waren daher sehr gespalten. „Die Medien sind nicht der Richter, Gott ist der Richter.“

1979 Hinwendung zum Christentum

Auf seine erste große US-Tournee 1963 ging er mit Joan Baez, die damals schon die Hallen füllte – die Tournee gab seiner Bekanntheit einen großen Schub. Am 28. August 1963 trat er mit Baez und anderen Folksängern bei der Abschlusskundgebung des Civil Rights March auf, bei der Martin Luther King seine berühmte Rede „I Have a Dream“ hielt.
In den folgenden Jahren vollzog Dylan den Wandel vom Folksänger zum Rockmusiker – unter Protest seiner Folk-Fans. Unter anderem schuf er in dieser Zeit (1965) seinen Klassiker „Like a rolling stone“*), der vom bekannten US-Musikmagazin „Rolling Stone“ zum berühmtesten Hit aller Zeiten gekürt wurde. 1965 ehelichte er seine erste Frau, das Model Sara Lowndes.
Doch die Auftritte, der Medienrummel und das Leben als Star rieben den jungen Musiker auf. Nach einem Motorradunfall zog er sich für einige Zeit vollständig aus der Öffentlichkeit zurück und widmete sich seiner Frau und seinen Kindern. In dieser Zeit wandte er sich auch vermehrt der Country-Musik zu, spielte mit Johnny Cash und erfand im Grunde genommen den Country-Rock.
In den 1970er und 1980er Jahren geriet seine Karriere ins Wanken. Die Ehe ging in die Brüche, seine Alben fanden weniger Anklang. Sein Album „Down in the Groove“ aus dem Jahr 1988 wurde vom Magazin „Rolling Stone“ zum schlechtesten Album eines bekannten Künstlers gekürt. Privat passierte in diesen Jahren viel. Dylan heiratete zum zweiten Mal und wurde erneut Vater – über beides schwieg er jedoch, so dass es erst nach der zweiten Scheidung öffentlich wurde.
1979 konvertierte Dylan zum Christentum, offenbar nach einem religiösen Erweckungserlebnis auf seiner Welttournee. Er schloss sich der Erweckungsbewegung an und veröffentlichte mehrere christlich inspirierte Alben.
Nach der Krise kam der erneute Aufstieg. Beim Woodstock-II-Festival 1994, einer Neuauflage des legendä­ren Festivals von 1969, wurde Dylan vor allem von den Jüngeren frenetisch gefeiert. Es folgten unzählige weitere Titel, Alben und Auszeichnungen, darunter der Oscar für den besten Filmsong.
2005 verfilmte Martin Scorsese Dylans Leben. In diesem Jahr plant Amazon eine neue Serie namens „Time Out of Mind“ – den Stoff sollen die Lieder von Dylan liefern. Noch 1986 sagte das Ausnahmetalent auf einer Pressekonferenz: „Ich bin nur Bob Dylan, wenn ich Bob Dylan sein muss, meistens bin ich einfach ich.“

*) Der Titel des 1965 geschriebenen Liedes, das als einer der bisher einflussreichsten Rocksongs gilt, nimmt Bezug auf das englische Sprichwort  „A rolling stone gathers no moss” (deutsch: „Ein rollender Stein setzt kein Moos an“).