Wenn der Hahn kräht auf dem Mist – als Figur so mancher Bauernregel ist der Hahn beliebt. Doch als Künder des Lichtes und als Symbol der Auferstehung ist auch der Hahn ein populäres Ostersymbol. An vielen Kirchen hat es der vorlaute Gockel bis auf die Spitze geschafft – und dabei gegenüber seinem vierbeinigen Konkurrenten am Boden, dem Osterhasen, den Vorteil, dass die Menschen zu ihm aufschauen.
Schweine, Pferde – oder auch Wappen vom BvB
Rund 1300 Wetterfahnen aus Kupfer oder Edelstahl produziert der Familienbetrieb von Carsten Linneborn im sauerländischen Meschede-Freienohl jährlich und verkauft sie in ganz Europa. Mit einem Laser werden aus Edelstahlblechen in Millimeterarbeit Motive wie Schweine, Pferde, Hirsche, Banner – auch von Borussia Dortmund oder Schalke 04 – ausgeschnitten. Hähne sind mit rund 1000 Stück eindeutig am beliebtesten.
Wenn es noch exklusiver sein soll, werden Hähne und Co. auch dreidimensional aus Kupfer von Hand gefertigt. Alle Wetterfahnen können auf Wunsch auch vergoldet werden. Meist sind es Privatleute, die kleinere Wetterhähne als Zierde oder aus meteorologischem Interesse auf Carport, Gartenhaus oder auf dem Hausdach anbringen.
Durchschnittlich jährlich fünf der glänzenden Gockel aus dem Sauerland landen auf Kirchtürmen. „Damit man sie von unten überhaupt wahrnehmen kann, müssen sie mindestens 1,20 Meter mal 1,20 Meter groß sein“, sagt Linneborn. Dabei wird das stolze Federvieh meist auf einer Kugel befestigt, damit es seinen Schnabel wartungsfrei in den Wind drehen und die Windrichtung anzeigen kann. Zu leicht allerdings darf die Kugel auch nicht laufen. Sonst kommt der Hahn schon beim kleinsten Windhauch ins Rotieren.
Symbole auf Kirchturmspitzen gibt es ganz unterschiedliche: Kreuze, Sterne, Erdkugeln, steinerne Rosetten oder eben Hähne. Immer wieder heißt es, dass katholische Kirchen an einem Hahn und evangelische an einem Kreuz erkennbar seien – oder umgekehrt. Doch das stimmt nicht. Nur bei Schwänen ist die Zuordnung klar: Sie gelten als Symbol für Martin Luther.
Doch warum kommt ausgerechnet der Hahn auf die Kirchturmspitze? Schon in der altpersischen Religionsgemeinschaft der Parsen galt das Tier als Künder der göttlichen Morgenröte. Auch die griechische Mythologie kennt ihn als Boten des anbrechenden Morgens. Das früheste Zeugnis für einen Hahn als Wetterfahne auf einem Sakralbau findet sich auf einem römischen Mausoleum aus dem 2. Jahrhundert nach Christus. Der erste Hinweis auf einen Hahn auf einer christlichen Kirche stammt aus dem 9. Jahrhundert. Im Jahr 820 soll der Bischof von Brescia ihn auf seinem Kirchturm angebracht haben.
Für die Christen war es leicht, die Symbolik des Tieres in ihre Religion zu übertragen: Der Hahn ist der erste, der das Ende der Nacht ankündigt – so wie Jesus Christus die Dunkelheit des Todes besiegt hat. Der Hahn weckt die Menschen aus dem Schlaf, Christus erweckt zum ewigen Leben.
Mehrfach findet sich ein Hahn auch in den Evangelien. Kurz vor seinem Tod prophezeit Jesus dem Petrus, dass er ihn drei Mal verleugnen wird – und zwar noch ehe der Hahn kräht. Und so ist es: Aus purer Angst dreht sich Petrus nach dem Wind – wie der Hahn auf dem Kirchturm, der damit als Mahner zu Reue, Glaubensstärke und Mut gedeutet werden kann.
Französische Revolution – und das Evangelium
Auch als Symbol der Wachsamkeit taugt das Tier, das bezeichnenderweise als gallischer Hahn seit der Französischen Revolution immer wieder auch das Symbol des französischen Staates war: „Seid also wachsam“, heißt es im Markus-Evangelium. „Denn ihr wisst nicht, wann der Hausherr kommt, ob am Abend oder um Mitternacht, ob beim Hahnenschrei oder erst am Morgen.“
Und wie kommt der Hahn in die luftige Höhe? Oft war das eine halsbrecherische Aufgabe für wagemutige Dachdecker. Erst nach einem Gebet begann der Aufstieg über die im Kirchturmdach verankerten Steighaken zur Spitze. Heute findet der Wachwechsel in der Regel nur dann statt, wenn der gesamte Kirchturm eingerüstet ist. Oder Firmen, die auf Industriekletterei spezialisiert sind, übernehmen die Aufgabe.
Andere Traditionen haben sich gehalten: So ist es in vielen Gemeinden üblich, dass der neue Kirchturmgockel einige Zeit in der Kirche ausgestellt, geweiht und anschließend von den Handwerkern von Haus zu Haus getragen und vorgestellt wird.