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Den Himmel stützen

Er wäre gern ein Vogel, hat der Schriftsteller und Buchpreisträger Robert Menasse neulich im Interview gesagt. Dabei ging es weder um einen Adler, den König der Vögel, noch um einen Albatros, der stundenlang über dem Meer schwebt und dem Sturm trotzt. Auch nicht um eine singende Lerche oder einen frechen Spatz.
Es ging um einen Vogel, der auf dem Rücken liegt und seine Beine in die Luft reckt. Warum? Um den Himmel zu stützen, falls er runterfällt.
Was für ein merkwürdiges Bild. Dünne Vogelbeinchen und darüber eine unendliche Weite. Was soll das kleine Tier ausrichten, wenn wirklich das Weltgebäude über ihm zusammenbricht? Alle seine Anstrengungen wären vergeblich.
Das weiß Robert Menasse auch. Trotzdem beschreibt er seine Lebenshaltung so: „Ich tue, was ich kann, auch wenn es sinnlos ist.“ Eine Haltung, die auf den ersten Blick absurd scheint – und auf den zweiten sehr christlich.

Denn das Gefühl von Vergeblichkeit kennen sicher alle, die sich im Namen Gottes für eine gerechtere, menschlichere Welt einsetzen (s. Seite 5). Egal, was man tut, egal, wie groß das Engagement ist in der Nachbarschaft, in der Diakonie oder der Politik: Immer scheinen Gleichgültigkeit, Habgier und Hass stärker zu sein als Hoffnung und Nächstenliebe.
Wenn wir trotzdem nicht aufhören, den Himmel mit unseren dünnen Beinen (oder Armen) zu stützen, dann liegt das an Gottes Zusage: Ich bin bei euch. Tut, was ihr könnt, in meinem Namen – und überlasst den Rest mir. Und wenn der Tag kommt, an dem der Himmel einstürzt, fällt er nicht tiefer als in Gottes Hand – und wir mit ihm.