Statt einer Arbeitspflicht für Asylbewerber regt der Städte- und Gemeindebund eine Anpassung der bereits geltenden Vorgaben an. „Um mehr Asylbewerber in Arbeit zu vermitteln, ist eine Arbeitspflicht weder nötig noch zielführend“, sagte Hauptgeschäftsführer André Berghegger den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Es bedarf nur einer Anpassung der aktuellen Regeln, über die wir zwingend diskutieren sollten.“ Der Saale-Orla-Kreis in Thüringen plant als erster Landkreis in Deutschland die Durchsetzung einer Arbeitspflicht für Asylbewerber.
Aktuell dürften Migranten nicht arbeiten, solange sie sich im Asylverfahren befänden, erklärte Berghegger. „Wenn angemahnt wird, dass zu wenig Geflüchtete arbeiten, muss der erste logische Schritt sein, die Asylverfahren beschleunigt zu einem Abschluss zu bringen“, sagte er. Auch könne es eine Chance sein, die Beschäftigungsmöglichkeiten schon im laufenden Asylverfahren zu eröffnen, wenn die vorläufige Prüfung ein Recht auf Asyl erwarten lasse. „Es muss unsere Motivation sein, die voraussichtlich Asylberechtigten so schnell wie möglich in Arbeit zu vermitteln, allein schon weil Arbeit ein wichtiger Schlüssel zur Integration ist“, betonte Berghegger.
Sozialverband lehnt Arbeitspflicht ab
Auch der Sozialverband VdK wandte sich gegen eine Arbeitspflicht für Asylbewerber. „Wir lehnen den Vorschlag ab, Asylbewerber zu gemeinnütziger Arbeit zu verpflichten“, sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele der Rheinischen Post. „Die eigentliche Herausforderung ist, dass wir mehr Arbeitskräfte in sozialversicherungspflichtigen Jobs brauchen“, sagte die VdK-Chefin. Es sei wichtig, dass Berufs- und Ausbildungsabschlüsse schneller und einfacher anerkannt werden.
Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl äußerte Zweifel an der Rechtmäßigkeit: „Wir haben bei der Arbeitspflicht große verfassungsrechtliche und arbeitsrechtliche Bedenken, weil dies an Zwangsarbeit erinnert und sie für 80 Cent pro Stunde arbeiten müssen“, sagte der flüchtlingspolitische Sprecher Tareq Alaows dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Debatte suggeriere, dass die Menschen arbeitsunwillig seien. „Dabei unterliegen sie oft gesetzlichen Arbeitsverboten und verlieren durch langwierige Verfahren für die Erlangung von Arbeitserlaubnissen Jobangebote wieder“, sagte er. Arbeitsverbote für Geflüchtete sollten aufgehoben werden.
Die FDP hält es grundsätzlich für angemessen, mehr Asylbewerber zu einer gemeinnützigen Arbeit in Kommunen zu verpflichten. „Dass Asylbewerber in den ersten drei Monaten keine sozialversicherungspflichtigen Jobs ausüben dürfen, ist richtig – denn viele von diesen müssen unser Land ja nach Prüfung auch wieder verlassen, was schneller gehen muss“, sagte FDP-Parlamentsgeschäftsführer Johannes Vogel der „Rheinischen Post“. „Dass Asylbewerber am Ort ihrer Unterkunft aber gemeinnützig tätig werden und so auch einen Beitrag für die Solidarität in der Gemeinde leisten, ist angemessen und richtig.“
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hält eine Arbeitspflicht für Asylbewerber „im Einzelfall“ für sinnvoll. Eine „nachhaltige Arbeitsmarktintegration“ werde so aber nicht gelingen, hatte er der Bild-Zeitung gesagt. Sein Ziel sei es deshalb, anerkannte Flüchtlinge dauerhaft in sozialversicherungspflichtige Arbeit zu bringen.