In der Basilika sind die Besucher allein mit dem Echo ihrer Schritte. Der eindrucksvolle Bau aus dem 12. Jahrhundert ist das Zentrum der Zisterzienserabtei Eberbach im Rheingau. Im Winterhalbjahr schlendern nur selten Menschen durch die eisig kalten mittelalterlichen Gewölbe. Im Sommer hingegen herrscht kein Mangel an Touristen und Tagungsgästen, die sich vor den weiß-roten Fachwerkmauern der alten Bibliothek fotografieren oder den blühenden Klostergarten und die historischen Weinpressen bestaunen. Insgesamt rund 300 000 Besucher kommen pro Jahr.
Mönche leben schon lange nicht mehr in Eberbach
Mönche leben schon lange nicht mehr hinter der Schutzmauer, die das Kloster umgibt. Gegründet hat es Bernhard von Clairvaux (1090-1153), einer der bedeutendsten Mönche des Zisterzienserordens. Nachdem Anfang des 19. Jahrhunderts die Säkularisierung einsetzte, diente das Gebäude unter anderem als erstes „Irrenhaus“ im Herzogtum Nassau und als Gefängnis. Im Jahr 1998 schließlich trennte das Land Hessen das eigentliche Klosterareal mit seinen Bauwerken organisatorisch von den „Hessischen Staatsweingütern Kloster Eberbach“. Für den Unterhalt der historischen Anlage soll seither eine gemeinnützige Stiftung aufkommen. Das Kloster ist zum Labor für innovatives Management historischer Baudenkmäler geworden.
„Wir brauchen rund 7000 Euro pro Tag, die wir verdienen müssen, um Betrieb und Unterhalt ohne Steuergeld sicherzustellen“, rechnet Martin Blach vor, der geschäftsführende Stiftungsvorstand. Der katholische Diplomtheologe sieht sich mit seiner Arbeit durchaus in der Tradition der einstigen Bewohner: „Die Zisterzienser haben auch nicht nur gebetet, sondern sie haben auch ein wirtschaftliches Imperium geführt.“
Zum Kloster Eberbach gehörten tatsächlich einst weitflächige Ländereien und Weinberge. Die Mönche ließen sich im 15. Jahrhundert ein nicht mehr erhaltenes 70 000-Liter-Weinfass zimmern, das der bayerische Humanist und Zeitgenosse der Fassbauer, Vincentius Opsopoeus, in eine Reihe mit den Pyramiden stellte: „Ist nicht auch Eberbachs Faß den Wundern der Alten vergleichbar, denn ein größres besitzt unser Planet nimmermehr.“
Aber nicht das Fass hat das Kloster weltbekannt gemacht, das haben vielmehr der französische Regisseur Jean-Jacques Annaud und der schottische Schauspieler Sean Connery getan. Bei der Verfilmung von Umberto Ecos düsterem Mittelalter-Kriminalroman „Der Name der Rose“ war das Kloster Eberbach 1985 und 1986 Drehort für nahezu alle Innenaufnahmen. Annaud hatte zuvor rund 300 Klöster in mehreren Ländern besucht, ehe er seine Wahl traf.
Für die Aufnahmen wurde ein komplettes, auf mittelalterlich getrimmtes Chorgestühl in der gewöhnlich leeren Basilika aufgebaut, einige Hinterlassenschaften der Filmleute sind bis heute zu sehen. Von der riesigen Popularität der Umberto-Eco-Verfilmung profitiert das Kloster noch immer.
In der Gegenwart hat sich Kloster Eberbach als Hotel und Tagungszentrum etabliert. Das Gelände kann für Abendgesellschaften angemietet werden. Aus dem Programm des Rheingau-Musikfestivals ist Eberbach seit Jahren nicht mehr wegzudenken. Die einstige Kammer der Kloster-Äbte dient als Außenstelle des örtlichen Standesamtes – rund 80 Paare gaben sich dort allein 2015 das Ja-Wort.
Bei der Gründung der Stiftung hatte das Land Hessen zugesagt, eine letzte umfassende Sanierung des gesamten Geländes und aller Bauten aus dem Staatssäckel zu bezahlen. Diese Arbeiten dauern seit mittlerweile 30 Jahren an und werden voraussichtlich erst 2024 abgeschlossen sein. Noch steht unter anderem die Innensanierung der Basilika aus, die Herrichtung der Klostermauer und des Ostflügels der Klausur. Am Ende werden in die Rundumerneuerung 129 Millionen Euro geflossen sein. „Was 1986 angefangen wurde, erneuern wir bei den Arbeiten jetzt teilweise schon wieder mit“, sagt Martin Blach, „ähnlich wie beim Kölner Dom. Ist man vorne fertig, fängt man hinten wieder an.“
Die Würde des Klosters soll gewahrt werden
Bei allen Aktivitäten bemüht sich die Verwaltung des Klosters nach eigenen Worten, die Würde des Ortes zu wahren. „Hier gab es mal Film-Morde. Das ist an der Grenze, aber das haben wir geduldet“, berichtet der Stiftungsvorstand. „Bei Aktfotografien sind wir beispielsweise eingeschritten.“ Anfang dieses Jahres gab es erneut heftige Debatten über einen Mietvertrag: Ausgerechnet die RTL-Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS) will eine ihrer Finalsendungen mit Dieter Bohlen in der Zisterzienser-abtei drehen. Prompt äußerte der Freundeskreis des Klosters „ethisch-moralische Bedenken“.
„Wir haben die Entscheidung für die Produktion einer Finalsendung hier nicht leichtfertig oder übereilt getroffen, sondern sorgfältig und sensibel abgewogen“, verteidigt sich der Geschäftsführer. Die Sendung sei auch eine Chance, junge Menschen für den faszinierenden Ort zu begeistern. Am 20. April wird die Show aufgezeichnet.