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Das Ende einer Kirchengemeinde

Zum Jahresende verliert Hannover eine ihrer 59 Kirchengemeinden. Doch statt wie andere zu fusionieren, löst sich die Heilig-Geist-Gemeinde auf. Die Gefühle sind gemischt.

Pastor Michael Schneider, Chorleiter Jörg Breiding, Burkhard Guntau und Stadtsuperintendent Rainer Müller-Brandes.
Pastor Michael Schneider, Chorleiter Jörg Breiding, Burkhard Guntau und Stadtsuperintendent Rainer Müller-Brandes.Severine Bunzel

Hannover. Eine merkwürdige Stimmung herrscht auf dieser Pressekonferenz. Hannovers Stadtsuperintendent Rainer Müller-Brandes wird gleich die Auflösung der Heilig-Geist-Gemeinde im Norden Hannovers bekanntgeben. Kein schöner Termin. „Der Schritt tut weh“, sagt er. Trotzdem wirkt der Geistliche nicht unzufrieden. Neben ihm sitzen Vertreter des Knabenchors Hannover. Sie werden ab 2023 die neuen Eigentümer von Kirche, Gemeindehaus und Gelände sein, wie gleich zu hören ist. Und natürlich: Sie freuen sich über ihre neue Heimat, die sie nach langer Suche gefunden haben.

Und dann ist da noch Joachim Schröder, langjähriges Gemeindemitglied und seit 1993 im Kirchenvorstand. Er schaut auf die weiße Tischplatte vor sich. „Das geht mir ans Gemüt“, sagt er, als schon Wörter wie „beste Lösung“ gefallen sind. „Für die Engagierten in der Gemeinde ist das kein leichter Schritt“, stellt er seine Gemütslage klar.

Früher das pralle Leben

Viele Gemeindemitglieder seien über die Entscheidung betrübt. Im Gemeindehaus habe schließlich einmal „pralles Leben“ geherrscht, erinnert sich der ältere Herr. Doch mittlerweile habe sich das geändert. „Und wenn es einmal bergab geht, dann geht es immer schneller.“ Joachim Schröder ringt mit sich. Er sagt zwar: „Das ist der richtige Weg.“ Doch als der offizielle Teil der Pressekonferenz vorüber ist, ist er fort.

Großes Bauprogramm

Anfang der 1960er-Jahre entstand die Gemeinde, in den 70ern feierte man die Einweihung der Kirche. „Es passte in die Zeit“, erklärt der Stadtsuperintendent. Damals habe es ein großes Bauprogramm gegeben. Die Gemeinde habe alles richtiggemacht. Doch der Schritt jetzt sei unvermeidlich, und die Nachnutzung durch den renommierten Knabenchor könnte nicht besser sein. Es klingt nach Zweckoptimismus.

Auch Pastor Michael Schneider, der im Kirchenkreis für Bau- und Quartiersentwicklung zuständig ist, sieht keine Alternative. „Die Gemeinde hat ihre beste Zeit gehabt. Etwas Besseres als der Knabenchor hätte nicht kommen können“, sagt Schneider, der die Gemeinde beraten hat und zum Vorsitzenden des Kirchenvorstands berufen wurde, weil sich sonst niemand fand. Acht bis zwölf Mitglieder würden jeden Monat aus der Gemeinde austreten, stellt der Theologe klar. Rund 1800 Mitglieder zähle die Gemeinde überhaupt noch. „Hier sind einige Dinge versäumt worden. Und alle wissen das.“ Zwar habe man zuletzt noch versucht, neuen Wind ins Gemeindeleben zu bringen.“ Doch es fehle an Engagierten, so Schneider weiter.

Wo die Gemeindemitglieder unterkommen

Die Auflösung der Gemeinde sei im Vergleich zu einer Fusion die unkompliziertere Lösung, betont Müller-Brandes. Die Gemeindemitglieder würden von den Gemeinden in Vahrenwald und List, beide kaum mehr als einen Kilometer entfernt, gern aufgenommen. „Ich bin sicher, dass alle eine neue Heimat finden“, so der Stadtsuperintendent. Beide Gemeinden seien sehr aktiv und hätten sehr unterschiedliche Profile.

Doch erst mal heißt es Abschiednehmen: Alle Gemeindemitglieder sollen über die Möglichkeiten informiert werden, die sie jetzt haben. Am 16. Oktober soll bei einem Tag der offenen Tür Gelegenheit sein, noch einmal durch die alten Gemeinde-räume zu gehen. Es wird einen Flohmarkt mit Geschirr und Instrumenten geben. Den Entwidmungsgottesdienst der Kirche begeht die Gemeinde dann am 11. Dezember.

Doch das Leben wird in die Räume zurückkehren. „Seit Jahren suchen wir geeignete Räume für den Knabenchor, weil wir den bisherigen Standort aufgeben müssen“, sagt Burkhard Guntau, der Vereinsvorsitzende des Knabenchores. „Schon bei der ersten Besichtigung waren wir begeistert.“ Künftig sollen hier alle Proben stattfinden. Demnächst sollen die Verträge über Kirche, Gemeindehaus und das Gelände unterschrieben werden. „Wir sind heilfroh“, sagt Guntau.