Balou, Mogli und “Probier’s mal mit Gemütlichkeit” – wer kennt es nicht, das “Dschungelbuch”? Die Neuverfilmung von 2016 ist allerdings deutlich düsterer als der beschwingte Trickfilm-Kult-Klassiker.
In Zusammenarbeit mit filmdienst.de und der Katholischen Filmkommission gibt die KNA Tipps zu besonderen TV-Filmen:
Zeichentrickklassiker neu zu verfilmen ist bei Disney seit Längerem en vogue; nach der “Dornröschen”-Neuinterpretation “Maleficent” und “Cinderella” nahm sich Regisseur Jon Favreau das “Dschungelbuch” vor und erweckte das Abenteuer nach Motiven von Rudyard Kipling 2016 mit einem realen Mogli-Darsteller und vielen computeranimierten tierischen Mitspielern zu neuem Leben.
Die Geschichte des menschlichen Waisenkindes Mogli, das unter dem Schutz eines Wolfsrudels im indischen Dschungel aufwächst und dann in gefährliche Abenteuer gerät, weil ihm der Tiger Shir Khan nachstellt, gerät darin weniger leichtherzig-beschwingt, dafür um einiges actionreicher als das Original. Mit dem ebenso faulen wie gewitzten Bären Balu, in dem der Junge einen Freund und Beschützer findet, kommt zwar auch hier Komik ins Spiel, ingesamt ist der Tonfall aber etwas düsterer.
Auf tricktechnisch höchstem Niveau (Oscar 2017 für Beste Spezialeffekte) beeindruckt der weitgehend fotorealistische CGI-Animationsfilm vor allem als schiere Augenweide, die aus dem Dschungel-Schauplatz ein Maximum an “Wow”-Momenten heraus holt.
Zeichentrick-Klassiker neu zu verfilmen, ist bei Disney seit Jahren “en vogue”. Nach der “Dornröschen”-Neuinterpretation “Maleficent” und “Cinderella” hat man sich 2016 das “Dschungelbuch” vorgenommen, jenen berühmten Zeichentrickfilm aus dem Jahr 1967, der durch seine heiter-beschwingten Musicalnummern und seine ikonischen Figuren wie keine zweite Adaption der Vorlage von Rudyard Kipling Leben eingehaucht und das kulturelle Gedächtnis von Kindern mehrerer Generationen geprägt hat.
Wie bei “Maleficent” entschlossen sich die Macher auch bei “The Jungle Book” für einen deutlich ernsthafteren Tonfall. So hat sich der heimelig grüne Abenteuerspielplatz der Zeichentrickvorlage in ein dunkles, oft bedrohliches Dickicht verwandelt, die Beschaulichkeit weicht der Action. Schon in der ersten Szene heftet sich die scheinbar schwerelose Kamera wortwörtlich an die Fersen des Menschenjungen Mogli, der seit seiner Geburt bei einem Wolfsrudel lebt.
Sie folgt ihm über Äste und Abgründe und führt immer tiefer in den indischen Dschungel hinein. Bis sich alles als recht harmloser Wettlauf entpuppt, zwischen Mogli und seinem Mentor, dem weisen schwarzen Panther Baghira. An Idylle ist trotzdem nicht zu denken: Der Tiger Shir Khan, der mit den Menschen schlechte Erfahrungen gemacht hat, hält Mogli für eine Gefahr. Der Junge soll deshalb die Tiergemeinschaft verlassen. Und weil dem Tiger nicht zu trauen ist, macht Mogli sich bald alleine auf den Weg – um in dem behäbigen Bären Balu, einem trickreichen Faulpelz, einen neuen Freund zu finden.
Abgesehen vom einzigen menschlichen Darsteller ist auch das neue “Jungle Book” ein Animationsfilm; nur eben einer, der aufgrund seiner fotorealistischen Qualitäten so echt daherkommt, dass eine Unterscheidung zwischen realer und digitaler Wirklichkeit mit bloßem Auge kaum noch zu treffen ist. Was die tricktechnische Umsetzung angeht, ist dieser Abenteuerfilm schlicht fulminant und zurecht 2017 mit dem Oscar für die besten Spezialeffekte ausgezeichnet worden,. Dies setzt sich im Einsatz der 3D-Technik fort, die neue Räume eröffnet und zu einem immanenten und dramaturgisch gerechtfertigten Bestandteil des Films wird. Und sie findet einen weiteren Höhepunkt in der Darstellung der unterschiedlichen Tierarten, deren Körper und deren anmutende fließende Bewegungen so real wie nur möglich erscheinen.
Entwicklung und Moral der Geschichte werden allerdings eher mit dem Holzhammer präsentiert. Das größte Problem besteht darin, dass die recht simpel gestrickte Handlung keinen rechten Fluss entwickelt und eher wie eine Nummernrevue wirkt. Besonders seltsam ist dies, wenn sich “The Jungle Book” vor dem Original verneigt und der mythische Riesenaffe King Louie, der hier nicht nur bedrohlich aussieht, sondern es auch ist, dennoch überraschend sein “I wanna be like you” anstimmt. Das betont düstere Setting und das luftige Swing-Lied wollen einfach nicht zueinander passen.
Unter der Regie von Jon Favreau ist so ein Actionspektakel für (ältere) Kinder entstanden, das nebenbei zwar auch den Wert des Zusammenhalts feiert und über die Suche nach dem Platz inmitten einer Gemeinschaft erzählt, letztlich aber kaum mehr als eindrucksvolles Effektkino ist. Das hat seinen Reiz und fesselt, zweifellos. Doch wenn Mogli von Szene zu Szene hetzt, dann möchte man ihm bisweilen doch zurufen: Probier’s mal mit Gemütlichkeit!