Rund 5.000 Jungen und Mädchen hätten nach der Eroberung Ostpreußens durch die sowjetische Rote Armee im Januar 1945 ihre Eltern durch Erschießung oder Hungertod verloren oder seien von Eltern und Geschwistern getrennt worden, sagte Jasna Causevic von der in Göttingen ansässigen Menschenrechtsorganisation.
Einst in behüteten Verhältnissen aufgewachsen, seien diese Kinder plötzlich von Hunger bedroht gewesen und nach Litauen geflohen. Dort seien sie jahrelang durch das Land gezogen. „Sie lebten in Wäldern, gingen bettelnd von Hof zu Hof, wurden als Arbeitskräfte ausgebeutet, geschlagen, vergewaltigt“, sagte Causevic. „Wer Glück hatte, bekam Arbeit bei kinderfreundlichen Bauern oder in einer Kolchose.“
Wolfskinder waren “keine Menschen mehr”
Die Gesellschaft für bedrohte Völker zitierte einen Betroffenen mit den Worten: „Wir waren keine Menschen mehr. Wir haben tatsächlich wie die Wölfe im Wald gelebt.“ Ihre deutschen Namen hätten die Kinder verschweigen müssen, um nicht in Internierungslager nach Russland gebracht zu werden. Viele Wolfskinder seien in Litauen geblieben. Einige Tausend seien in den 50er Jahren in die damalige DDR gekommen.
2011 hatte die Gesellschaft für bedrohte Völker erstmals ehemalige „Wolfskinder“ in Göttingen empfangen. In einer Dokumentation trugen die Menschenrechtler 2017 Berichte von Zeitzeugen zusammen. Gemeinsam mit der Bundeszentrale für politische Bildung lädt die Organisation Betroffene und ihre Nachkommen nun zu einer Gesprächsrunde am 23. März in Berlin ein. Es gehe bei dem Symposium um einen Erfahrungsaustausch der „Wolfs“- und Kriegskinder in Mittel- und Osteuropa im und nach dem Zweiten Weltkrieg.