Mit dem Abschied der letzten Jesuiten vom Bonner Aloisiuskolleg zum 4. Juli endet ein Stück deutscher Schulgeschichte. 1920 waren nach Aufhebung des jahrzehntelangen Verbots jesuitischer Bildungseinrichtungen in Preußen Jesuitenpatres mit Internatsschülern aus dem niederländischen Sittard in die damals selbstständige Stadt Godesberg südlich von Bonn gewechselt. 1921 benannten sie ihre „Knabenschule“ nach einem Jesuiten des 16. Jahrhunderts Aloisiuskolleg. 1923 unterrichteten sie 141 Internats- und 270 örtliche Schüler.
1927 erwarb der Orden auf einer Godesberger Höhe, dem sogenannten „Heiligen Berg“, von der Fabrikantenfamilie von der Heydt ein Grundstück nebst Villa. In diese „Stella Rheni“ zog das Internat ein. Ab 1928 wurden weitere Schulgebäude und später eine Kirche errichtet. Die Nationalsozialisten lösten das Kolleg 1938 auf.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs eröffneten die Jesuiten ihr Kolleg 1946 neu. Nun übernahmen auch Frauen und Männer, die nicht dem Orden angehörten, Verantwortung in Internat und Schule. Das Kolleg mit seinen rund 800 Schülern wurde eine Art Kaderschmiede. Prominente aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kirche und Kunst gingen daraus hervor: etwa der aktuelle deutsche Botschafter in Moskau Alexander Graf Lambsdorff, Jazztrompeter Till Brönner oder der Kölner Weihbischof Ansgar Puff. Auch Constantin Heereman von Zuydtwyck, langjähriger Präsident des deutschen Bauernverbands, der Fernsehmoderator Stefan Raab und der Schauspieler Miguel Abrantes Ostrowksi gehörten zu den Internatsschülern.
Seit 2002 wurden auch Mädchen aufgenommen. Ab 2010 geriet das Kolleg im Zuge des bundesweiten Missbrauchsskandals in die Schlagzeilen. Zwei unabhängige Kommissionen hatten 2011 und 2013 für das Aloisiuskolleg und den ihm nahestehenden vormaligen Verein Ako-pro-Seminar zahlreiche Fälle von Machtmissbrauch, darunter sexuellem Missbrauch, ermittelt, die in die Zeit von 1950 bis 2005 zurückreichen. 2018 musste das der Schule angeschlossene Internat wegen zu geringer Auslastung schließen.