Artikel teilen

Darum ist das Messerverbot einfach dumm

Als Reaktion auf den islamistischen Anschlag von Solingen hat der Bundestag das Messerverbot verschärft. Doch das wird leider nichts bringen, kommentiert Gerd-Matthias Hoeffchen.

Messerverbot bringen gar nichts, kommentiert Gerd-Matthias Hoeffchen
Messerverbot bringen gar nichts, kommentiert Gerd-Matthias HoeffchenImago / Daniel Kubirski

Wenn man Dummheit definiert als den Mangel an Fähigkeit, aus Erfahrungen und Wahrnehmungen angemessene Schlüsse zu ziehen, dann ist die jüngste Entscheidung des Bundestages zur Verschärfung des Waffengesetzes dumm. Richtig dumm.

Mit der Mehrheit der Stimmen der Koalition hat der Bundestag ein so genanntes Sicherheitspaket beschlossen. Teil davon ist eine Ausweitung des Messerverbotes. Das Paket ist eine Reaktion auf den islamistisch motivierten Messeranschlag in Solingen am 23. August, bei dem drei Menschen getötet und acht verletzt wurden.

Messerattacken: Es muss sich etwas ändern

Nun wird niemand bestreiten, dass endlich etwas geschehen muss angesichts der immer wiederkehrenden Gewalt durch Messerattacken. Aber: Diese erneute Verschärfung des Messerverbotes wird nichts, aber auch gar nichts an der Gewalt ändern.

In Solingen wurde um die Opfer getrauert
In Solingen wurde um die Opfer getrauertImago / Nur Photo

Denn die Tatwaffen, die bislang bei den einschlägigen Attentaten und Amokläufen verwendet wurden, sind längst verboten. Die Täter haben sie trotzdem mitgebracht und benutzt. Wenn der Bundestag jetzt sogar Schweizer Taschenmesser und Campingmesser verbietet – ernsthaft: Glaubt denn irgendwer, dass sich Menschen mit rauschender Mordlust in den Eingeweiden in ihrer Tollwut dadurch bremsen ließen?

Die traurige Prognose ist: Diese Verschärfung des Waffengesetzes wird nicht eine einzige Gewalttat verhindern. Dann gibt es wieder einen Aufschrei, Empörung, den Ruf „jetzt muss aber endlich etwas passieren“. Und vielleicht verbieten unsere Politikerinnen und Politiker dann auch noch Kartoffelschäler und Nagelknipser.

Bundestag trifft hanebüchene Entscheidung

Nun könnte man die Kritik an dem neuen „Sicherheitspaket“ ja als Aufregung einer Minderheit abtun, die Messer in ihrem Alltag nutzt, braucht und schätzt. Jäger. Landwirte. Bauarbeiter. Auch jene, die beim Wandern, Radfahren und Campen nicht auf ihr geliebtes Taschenmesser verzichten wollen.

Aber so einfach ist das nicht. Denn das Problem geht viel tiefer. Es berührt die Kernkompetenz unserer parlamentarischen Demokratie.

Die anstehende Gesetzesverschärfung ist bei gründlicher Sachkenntnis eine derart hanebüchene Entscheidung, dass man eigentlich nur zwei Schlussfolgerungen ziehen kann: Entweder haben die Abgeordneten – wir gehen mal davon aus, dass sie sich zuvor ausreichend haben informieren lassen –, schlicht die falschen Schlüsse gezogen. Dann müsste man ernsthaft über die Definition von „Dummheit“ nachdenken, siehe oben.

Sicherheitspaket: Wenn einem nichts mehr einfällt

Oder sie erkennen die Zusammenhänge. So, wie sie jeder informierte und halbwegs vernünftige Mensch erkennen müsste, und treffen trotzdem eine andere Entscheidung. Dann drängt sich unweigerlich der Verdacht auf: Hier soll Aktivität signalisiert werden, wo man bei den eigentlichen Ursachen des Gewaltproblems ratlos oder mutlos ist.

Dann müsste man erwägen, ob hier „Alibi“-Gesetz nicht der passende Ausdruck wäre. Nach dem Motto: Wenn einem nichts mehr einfällt, kann man ja immer noch ein Gesetz verschärfen. Eines, das sich schon in der Vergangenheit als untauglich erwiesen hat – mit tödlichen Folgen.