Beruf und Familie, Haushalt und Pflege von Angehörigen: Viele Frauen leiden unter einer Doppel- oder Dreifachbelastung. Eine Kur kann Entlastung schaffen. Hier engagiert sich das Müttergenesungswerk – und das seit 1950. Elly Heuss-Knapp, Ehefrau des ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss, gründete das Werk, um Frauen in den Trümmer- und Wiederaufbaujahren nach dem Zweiten Weltkrieg zu unterstützen.
Heute stehen andere Alltagsnöte im Vordergrund. Die „Familienmanagerinnen“ unserer Tage sollen alles unter einen Hut bringen: In einer gelingenden Partnerschaft gilt es, Beruf und Kindererziehung optimal und flexibel auszutarieren. Die lieben Kleinen sind bitte erfolgreich durch die Schullaufbahn zu begleiten. Zudem ist Familie zentrale Instanz für die Pflege der älteren Angehörigen – und fast immer ist das Frauensache. Erziehungsprobleme, Trennungen und Scheidungen können Mütter an den Rand der Erschöpfung bringen. Im Geschwindigkeitsrausch des digitalen Zeitalters bleibt oft wenig Zeit für Gespräch und Gemeinsamkeit.
„Überlasteten Müttern neuen Antrieb geben“
Wenn auch gutes „Selbstmanagement“ nicht mehr weiterhilft, müssen „niederschwellige Hilfen“ greifen. Das Müttergenesungswerk bietet einen solchen präventiven familienunterstützenden Dienst. In Nordrhein-Westfalen arbeiten unter dem Dach der Elly Heuss-Knapp-Stiftung, wie das Müttergenesungswerk auch heißt, die fünf Wohlfahrtsverbände Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Deutsches Rotes Kreuz, Paritätischer Wohlfahrtsverband und Diakonie zusammen. Die Verbände betreiben im Bundesland 150 Kurberatungsstellen, die Mütter und Väter auf eine Vorsorge- oder Reha-Maßnahme vorbereiten. Fünf eigene Kliniken hat das MGW in Nordrhein-Westfalen.
Die Beratungsstellen prüfen, ob eine Kur die richtige Hilfemaßnahme ist und helfen bei der Antragsstellung bei den Krankenkassen. Eine Kur dauert in der Regel drei Wochen, in Einzelfällen ist eine Verlängerung möglich. Mehr als 12 000 Mütter und Väter und mehr als 17 000 Kinder aus Nordrhein-Westfalen haben 2017 an einer Reha-Maßnahme des Müttergenesungswerkes teilnehmen können. Der Anteil der Väter steigt leicht an, liegt aber immer noch bei lediglich vier Prozent. Um den Kurerfolg langfristig zu sichern, unterstützen die Beraterinnen die Mütter auch mit Nachsorgeangeboten.
Das Müttergenesungswerk in Nordrhein-Westfalen hat jetzt eine prominente Unterstützerin bekommen: Susanne Laschet, Ehefrau von Ministerpräsident Armin Laschet, übernimmt die Schirmherrschaft. Das ist neu: Das Werk musste in NRW bisher ohne Schirmherrin auskommen.
Am Samstag vor dem Muttertag wurde Susanne Laschet jetzt ganz praktisch aktiv. Auf der Kölner Domplatte nahm sie die Sammelbüchse mit dem Vergissmeinnicht-Symbol in die Hand und sammelte zusammen mit anderen ehrenamtlichen Sammlerinnen für die gute Sache. Als Sammler mit dabei war auch Diakonie-Vorstand Christian Heine-Göttelmann, in diesem Fall engagiert als Vorsitzender der Freien Wohlfahrtspflege in Nordrhein-Westfalen. Der Sammler Heine-Göttelmann wurde gleich stark gefordert: Er musste einem Touristen die segensreiche Arbeit des Müttergenesungswerks auf Englisch erklären.
Schon seit einigen Jahren sind Mutter/Vater-Kind-Kuren eine Pflichtleistung der gesetzlichen Krankenkassen. Noch 2011 wurde aber ein Drittel aller Anträge abgelehnt. Das hat sich mittlerweile zum Positiven gewandelt. Die Zahl der Ablehnungen liegt bei unter zehn Prozent. Die Mutter-Kind-Kliniken sind zu 90 Prozent ausgelastet.
Klappt es mit einer Kur, werden die Grundkosten einer Vorsorge- oder Reha-Maßnahme für die betroffenen Mütter von den Krankenkassen übernommen. Aber es bleiben Restkosten, die für ärmere Familien dazu führen können, dass eine Kur nicht angetreten wird. Dabei geht es um den Eigenanteil von 220 Euro wie auch um einen Anteil an den Fahrtkosten, den Transport des Gepäcks und manche kleinere Posten, die am Kurort selbst anfallen und für arme Familien schwer zu tragen sind. Hier sind um den Muttertag herum die ehrenamtlichen Helferinnen unterwegs, um auf Straßen und an Haustüren für erschöpfte und kranke Mütter zu sammeln.
„Überlasteten Müttern neuen Antrieb geben“, so lautet in diesem Jahr das Motto für die Haus- und Straßensammlung des Müttergenesungswerks. Im Verbandsgebiet der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe ist der Evangelische Fachverband für Frauengesundheit mit der Elly Heuss-Knapp-Stiftung verbunden. Engagiert sind hier der Evangelische Verein für Müttergenesung in Mönchengladbach, die Evangelische Frauenhilfe im Rheinland mit Sitz in Bonn und die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen in Soest. Das früher sogenannte „Mutter-Kind-Heim“ der rheinischen Frauenhilfe auf Spiekeroog diente als Vorbild für die Gründung der Elly Heuss-Knapp-Stiftung.
Der Landesverband der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen unterhält eine Landesvermittlungsstelle für Müttergenesung, zu der sich elf evangelische Beratungsstellen zusammengeschlossen haben. 2017 wurden 705 Mütter und 29 Väter in 1300 Gesprächen zu Kurmaßnahmen beraten, 420 Personen wurden bei der konkreten Antragsstellung unterstützt. Die Ehrenamtlichen der Frauenhilfe beteiligen sich an der Sammlung für das Müttergenesungswerk und sammeln Geld bei Gruppentreffen, in Gottesdiensten oder bei Vorträgen. Referentin Manuela Schunk hält allerdings fest: „Es ist bitter, dass auch heute noch Spenden notwendig sind, um Müttern eine Auszeit aus gesundheitlichen Gründen zu ermöglichen.“
Das Müttergenesungswerk geht von zwei Millionen kurbedürftigen Müttern in Deutschland aus. Die Zahl der Beratungsstellen ist jedoch innerhalb von zehn Jahren von 1400 auf 1200 gesunken. Grund ist, dass es keine öffentliche Refinanzierung für die aufwendige Beratungsarbeit gibt. In Köln beteiligte sich auch die Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes an der Sammlung für das Müttergenesungswerk. Entlastung für überlastete Mütter, so machte sie in ihrem engagierten Statement deutlich, ist nicht nur eine Frage der Frauengesundheit: „Frauen, die gestärkt werden“, so ihre Botschaft, „stärken den gesellschaftlichen Zusammenhalt“.