Dackelhunde mit ihren langen Körpern und kurzen Beinen, dem lustigen Gang und besonderen Blick haben viele Fans. Aber für niemanden sind sie vielleicht so sehr zum Lebensinhalt geworden wie für Seppi Küblbeck und Oliver Storz. Die beiden Floristmeister betreiben in Regensburg das nach ihren Angaben weltweit einzige kulturhistorische Dackelmuseum. 30.000 Exponate rund um den Hund haben sie zusammengetragen.
Mit dem Dachshund, wie der kleine Jagdhund auch genannt wird, verbinden sie tiefe Emotionen. Das Selbstbewusstsein habe die Rasse geprägt, sagt Seppi Küblbeck. „Der Dackel springt ins kalte Wasser. Wenn er in den Spiegel schaut, sieht er einen Löwen.“
Lange Zeit war es ruhig um den Dackel. Aber in den vergangenen Jahren erlebt er ein Comeback. Nach dem Schäferhund sei der Dackel der meist gezüchtete Hund in Deutschland, sagt Karsten Schoeler, seit mehr als 20 Jahren Landeszuchtwart im Bayerischen Dachshundklub. Bei den Züchtern in Deutschland kommen ihm zufolge jedes Jahr etwa 6.000 Dackelwelpen zur Welt. Um sie an den Mann oder die Frau zu bringen, „müssen wir sie nicht annoncieren oder sie anpreisen. Die Züchter haben private Wartelisten für ihre Dackelwelpen“.
Der Dackel sei Hipster- und Familienhund zugleich, sagt Seppi Küblbeck: „Wir erleben es sehr oft, dass junge Pärchen, bevor ein Kind da ist, einen Dackel im Haus haben.“ Und international sei der Dackel der Inbegriff von Bayern: „Lederhose, Dirndl, Weißwurst, bayerisches Bier und der Dackel sind eins.“
Schon um die Jahrhundertwende haben speziell die Münchner Brauereien mit einem Dackel geworben. Das Tier wurde von den Braumeistern in den Sudhäusern eingesetzt: Sank bei der Gärung frei werdendes Kohlendioxid auf den Boden, wurde zuerst der Dackel ohnmächtig und verhinderte so, dass der Mensch zu Schaden kam.
Küblbeck und Storz haben ihr Museum vor 18 Monaten in einem historischen Gebäude unweit der Donaupromenade eröffnet. Jede Vitrine in der 160 Quadratmeter großen Ausstellung erzählt eine andere Geschichte. Die Besucher erfahren dabei, wie der Dachshund für die Jagd gezüchtet wurde, über den Adel populär wurde, wie Kaiser Wilhelm II. immer mit seinem Dackel „Erdmann“ auf Reisen ging.
Gleich im ersten Ausstellungskabinett posiert Herzog Franz von Bayern auf einem Gemälde. Zu seinen Füßen sitzt „Beppi“. Denn neben seinem Kunstsinn hat der Wittelsbacher auch ein Herz für Dackel und ist Schirmherr des bayerischen Dachshund-Clubs. Auch Schauspieler Marlon Brando, Leinwandikone aus den 1950er Jahren, und die britische Königin Elisabeth II. hatten Dackel als Haustiere. Als König Charles – mit einem Dackel aufgewachsen – nicht zur Eröffnung des Dackelmuseums kommen konnte, schickte er eine Absage – „private and confidential“ (streng vertraulich).
Die Hunderasse gilt als entscheidungsfreudig und mutig. Ohne das hätte sie auch nicht überlebt, denn Dackel wurden für die Jagd gezüchtet. Charakterzüge, die der Dachshund heute noch hat, auch wenn die meisten Dackel oder Teckel, wie sie in der Jägersprache heißen, keine jagdlichen Aufgaben mehr haben. Früher mussten sie Fuchs und Dachs aus dem Bau treiben und dem Jäger vor die Flinte.
5.000 Exponate sind im Museum ausgestellt, sagt Küblbeck, 25.000 weitere liegen im Archiv. Ein Einzelstück ragt heraus: eine Keksdose der Porcellanmanufactur Volksstedt, die von einem Juwelier aus Baden-Baden von Hand bemalt wurde. „Ganz oben auf dem Deckel steht ein Dackel in Tigeraugenoptik, seine Augen sind Rubine. Das sind die wertvollsten Exponate, die es überhaupt von Dackeln gibt“, erläutert Oliver Storz. Er führt gerade eine Gruppe Männer durch die Ausstellung, die einen Betriebsausflug machen.
Der Anblick der Exponate bringt die Gruppe in Redelaune, und die Männer beginnen, in Kindheitserinnerungen zu schwelgen, als der „Wackeldackel“ aus dem Jahr 1965 in einer Vitrine erscheint: Kultaccessoire in den 70er Jahren und gleichzeitig Inbegriff von Spießigkeit.
In der Ausstellung erfährt man auch, wie der „Hot Dog“ ins Brötchen kam. Die Straßenverkäufer in New York schrien „Red Hot Dachshund Sausage“, wegen der länglichen Form. Weil das so schwer auszusprechen war, wurde später „Hot Dog“ daraus.
Der spanische Künstler Pablo Picasso – auch er ein Dackelliebhaber – verewigte seinen „Lumpi“ auf einer Einstrich-Zeichnung, die aus einem Schwung in seinem Skizzenbuch entstand. Etwas länger dauerte die Entstehung der Design-Ikone „Waldi“ für die Olympischen Spiele 1972 in München. Das Maskottchen sollte sich abheben vom Kitsch der Souvenirläden und wurde in einem Kanon von Bauhaus-Farben vom Designer Otl Aicher gestaltet. Auch Gustl Bayrhammer mit seinem Dackel „Oswald“ und die Comedy-Serie „Hausmeister Krause“ mit Dackel „Bodo“ werden im Museum gewürdigt.
Die Liebe der Museumsmacher zu Dackeln scheint unerschütterlich. Im Spätsommer riefen sie zu einer „Dackelparade“ nach Regensburg, am Dom gab es sogar einen kirchlichen Segen für Mensch und Tier. Seit der Eröffnung hätten auch schon rund 7.000 lebendige Dackel die Ausstellungsräume besucht. Noch nie sei wirklich etwas „schiefgelaufen“, sagt Küblbeck. Zwar sei „hier und da ein kleines Pipi an einer der Vitrinen“ zu finden: „Aber das ist für uns kein Problem.“