Artikel teilen:

Compact-Verbot gekippt – Bekräftigung der Pressefreiheit

Das Verbot des rechtsextremen Magazins “Compact” ist vom Tisch. Das Bundesverfassungsgericht hob auf den Schutz der Pressefreiheit ab. Journalistenverbände begrüßen das einerseits, sehen das Magazin aber weiter kritisch.

Das rechtsextreme “Compact”-Magazin darf trotz verfassungswidriger Tendenzen weiterhin erscheinen. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hob am Dienstag das vom Bundesinnenministerium im Juli 2024 erlassene Verbot der “Compact-Magazin GmbH” und all ihre Publikationen auf. Das Grundgesetz garantiere “im Vertrauen auf die Kraft der freien gesellschaftlichen Auseinandersetzung selbst den Feinden der Freiheit die Meinungs- und Pressefreiheit”, führte der Vorsitzende Richter Ingo Kraft in der Urteilsbegründung aus. Die Reaktionen fallen gemischt aus.

Die verfassungswidrigen Aktivitäten und Äußerungen der Vereinigung hätten noch nicht die für ein Verbot notwendige “Schwelle der Prägung” erreicht, so Richter Kraft. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) erklärte: “Wir nehmen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Kenntnis.” Sein Haus werde das Urteil sorgfältig auswerten. “Vereinsverbote bleiben ein anwendbares und mögliches Mittel gegen extremistische Bestrebungen.” Das Gericht bestätigte in seiner Entscheidung, dass Vereinsverbote auf Presse- und Medienunternehmen anwendbar sind und ein Vereinsverbot keine unzulässige Vorzensur darstellt.

“Compact”-Chefredakteur und Herausgeber Jürgen Elsässer zeigte sich erfreut über den Ausgang: “Wir sind das Sturmgeschütz der Demokratie.” Zudem zog er den Schluss: “Wenn es unmöglich ist, Compact zu verbieten, ist es auch nicht möglich, die AfD zu verbieten, der ja dasselbe vorgeworfen wird wie uns.”

Die Geschäftsführerin von Reporter ohne Grenzen, Anja Osterhaus, erklärte: “Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt: In einer Demokratie müssen die verbrieften Grundrechte berücksichtigt werden – auch, wenn es angesichts extremistischer und rassistischer Inhalte eines Mediums schwer fällt, das zu akzeptieren.” Das Verbot eines Mediums durch eine politische Instanz wie das Bundesinnenministerium sei ein schwerer Eingriff in die Pressefreiheit.

Auch der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) sieht in der Aufhebung des Compact-Verbots eine Bekräftigung des hohen Stellenwerts der Meinungs- und Pressefreiheit. Zugleich betonte der DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster: “Die Gerichtsentscheidung darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Compact in vielen Artikeln rechtsextreme und menschenfeindliche Inhalte verbreitet, die mit den journalistischen Standards nichts am Hut haben.” Dagegen vorzugehen sei richtig und wichtig. “Das Verbot eines ganzen Magazins muss dennoch das letzte Mittel bleiben.”

Das Gericht erklärte in der Begründung, ein Vereinsverbot gegen ein Medienunternehmen dürfe die im Grundgesetz gewährleistete Freiheit von Meinung, Presse und Medien nicht unterlaufen. Eine Vielzahl der vom Bundesinnenministerium vorgelegten Belege für den Verbotsgrund ließen sich als “überspitzte, aber letztlich im Lichte der Kommunikationsgrundrechte zulässige Kritik an der Migrationspolitik deuten”. Auch die von Compact bedienten Verschwörungstheorien und geschichtsrevisionistischen Betrachtungen fielen unter den Schutz der Meinungsfreiheit und “vermögen das Vereinsverbot nicht zu rechtfertigen”.

Die “Compact”-Klägerseite hatte geltend gemacht, das Verbot eines Presse- und Medienunternehmens dürfe nicht auf der Grundlage des Vereinsgesetzes erfolgen. Dem widersprach das Gericht. Richter Kraft betonte am Ende der Urteilsverkündigung, dass es sich der Senat mit diesem Verfahren nicht leicht gemacht habe.

Im Juli 2024 hatte das Bundesinnenministerium per Verfügung die “Compact-Magazin GmbH” und ihr komplettes Print- und Onlineangebot verboten und aufgelöst, weil sich das Medienhaus nach Einschätzung des Ministeriums gegen die verfassungsmäßige Ordnung richtet und ein völkisch-nationalistisches Gesellschaftskonzept vertritt. Im August hatten die obersten Verwaltungsrichter in Leipzig das Verbot in einem Eilverfahren teilweise vorläufig ausgesetzt, weil Zweifel an der Verhältnismäßigkeit bestanden. Vor zwei Wochen fand nun die mündliche Verhandlung im Hauptsacheverfahren statt.