Am Morgen nahm die Polizei den Chefredakteur fest. Am Abend schon war er zu einer Geldstrafe verurteilt. Mit kremlkritischen Journalisten machen Russlands Behörden kurzen Prozess.
Wegen des Vorwurfs der Diskreditierung der russischen Armee hat ein Moskauer Gericht den Chefredakteur der kremlkritischen Online-Zeitung “Nowaja Gaseta”, Sergej Sokolow, zu umgerechnet etwa 300 Euro Geldstrafe verurteilt. Das teilte die Zeitung (Donnerstagabend) im Online-Dienst Telegram mit. Die Polizei nahm Sokolow demnach am Morgen in der Nähe seiner Moskauer Wohnung fest und brachte ihn zum Gericht.
Der Journalist leitet seit September die Redaktion, nachdem ein Gericht den Chefredakteur und Friedensnobelpreisträger Dmitri Muratow als ausländischen Agenten eingestuft und dieser darauf den Posten niedergelegt hatte. Sokolow wurde den Angaben zufolge dafür bestraft, dass im Telegram-Kanal der Zeitung die russischen Streitkräfte verunglimpft worden seien. In Russland verfolgt die Justiz auf Grundlage eines Zensurgesetzes von 2022 Kritik am Angriffskrieg gegen die Ukraine und spricht von Diskreditierung der Armee.
Viele Journalisten der “Nowaja Gaseta” haben Russland im März 2022 verlassen und gründeten in Lettland eine Europaausgabe der Zeitung. In Russland ist die Website der “Nowaja Gaseta” seit November 2022 gesperrt.