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Charles Maung Bo – Kardinal im Krieg

In Myanmar sind die Katholiken nur eine Minderheit von etwa einem Prozent der Bevölkerung. Ihr Beitrag für Gerechtigkeit und Versöhnung – personifiziert von Kardinal Bo, Erzbischof von Rangun – ist wesentlich höher.

Kardinal Charles Maung Bo (76) kommt aus einem Land am Rand der Welt – das für Papst Franziskus ganz im Mittelpunkt stand: Myanmar, das frühere Birma/Burma. In Myanmar sind die Katholiken nur eine Minderheit von etwa einem Prozent. Der Anteil der Christen insgesamt in dem mehrheitlich buddhistischen Land beträgt knapp sechs Prozent. Das Land ist reich an Rohstoffen; zugleich bitterarm, von militärischen Konflikten gebeutelt und immer wieder auch von Naturkatastrophen heimgesucht.

Als Bo 2015 mit 69 Jahren von Franziskus zum Kardinal ernannt wurde, erklärte er, der Papst habe damit wohl ein besonderes Zeichen der Solidarität mit den bedrängten und oft vergessenen Christen in Myanmar setzen wollen. Unermüdlich setzt sich der Kirchenmann für die christliche Minderheit, für ein Ende der Gewalt, für Menschenrechte, ökologische und wirtschaftliche Gerechtigkeit, Religionsfreiheit sowie den interreligiösen Dialog in seinem Land ein. Im November 2017 konnte Bo Franziskus dann zu einem viel beachteten Besuch in Myanmar begrüßen. Dabei rief der Papst zu Gerechtigkeit und Versöhnung im Land auf.

Bo wurde am 29. Oktober 1948 in Mohla (Burma/Myanmar) geboren. Als Angehöriger der Salesianer Don Boscos empfing er 1976 die Priesterweihe. Johannes Paul II. ernannte Bo 1990 zum Bischof von Lashio, 1996 zum Bischof von Pathein und 2003 zum Erzbischof in der Metropole Yangon/Rangun, damals noch Hauptstadt Myanmars. Bo war von 2000 bis 2006 und ist seit 2020 wieder Vorsitzender der Bischofskonferenz von Myanmar. Zwischen 2018 und 2024 leitete er die Föderation der Bischofskonferenzen Asiens (FABC). Der Kardinal ist Mitglied der Vatikanbehörden für Orden, Gottesdienst und Kommunikation.

Sein unerschrockener Einsatz für Minderheiten beschränkt sich für Kardinal Bo freilich nicht auf Christen oder womöglich nur die Katholiken. Gleich nach seiner Kardinalsernennung alarmierte er über die sich schon damals zuspitzende Flüchtlingskatastrophe der muslimischen Minderheit der Rohingya. Bo zählte und zählt zu den profiliertesten Kritikern des Militärregimes, hat sich aber auch immer wieder sehr kritisch zur Politik der inzwischen inhaftierten Friedensnobelpreisträgerin und Präsidentin Aung San Suu Kyi geäußert.

Bei den ersten wirklich freien Wahlen nach einer über mehrere Jahrzehnte dauernden Militärherrschaft hatte Suu Kyi 2015 einen überwältigenden Sieg ihrer bisherigen Oppositionspartei “Nationale Liga für Demokratie” davongetragen. Kardinal Bo zeigte sich später sehr enttäuscht, wie wenig sich Suu Kyi der Anliegen der ethnisch-religiösen Minderheiten, namentlich der Rohingya, anzunehmen bereit war. Mit eindringlichen Appellen nutzte Bo schon damals Stimme und Rang, um eine breite Öffentlichkeit auf die desaströse Lage der muslimischen Minderheit in seiner Heimat hinzuweisen.

Seit dem Militärputsch vom Februar 2021 eskaliert die Gewalt im ganzen Land. Viele zivile Opfer sind zu beklagen; Hunderttausende wurden aus ihren Heimatorten vertrieben. Immer wieder rief Bo zu einem Ende der Gewalt auf. Auch nach dem jüngsten verheerenden Erdbeben vom März mahnte der Kardinal alle verfeindeten Gruppen im Land zur Einhaltung einer Waffenruhe und forderte humanitäre Korridore.

2022 feierte die Föderation der Asiatischen Bischofskonferenzen ihr 50-Jahr-Jubiläum, mit zweijähriger, coronabedingter Verspätung. Damals bilanzierte Kardinal Bo, dass das Christentum in den asiatischen Ländern eine wichtige Rolle spiele. Zugleich würden die die Länder in den Bereichen Bildung, Gesundheit und menschliche Entwicklung wirtschaftlich und politisch selbstbewusster. Die Kirche sei sehr lebendig; es gebe immer mehr Berufungen. Das 21. Jahrhundert könnte also das “asiatische christliche Jahrhundert” werden. – Ob sich das schon im anstehenden Konklave zeigt?