Der Teillegalisierung von Cannabis ist umstritten. Mit der Bundestagswahl steht das Gesetz erneut zur Debatte – und die ist schon jetzt hitzig. Die Folgen könnten für Konsumenten sehr unterschiedlich ausfallen.
Seit mehr als zehn Monaten ist das Cannabisgesetz in Kraft. Wie aber geht es nach der Bundestagswahl am 23. Februar weiter? Geht es nach aktuellen Umfragen, dann könnte das Parteienbündnis der CDU/CSU den Kanzler stellen. Die Union will laut Wahlprogramm das Cannabis-Gesetz abschaffen – begründet mit anhaltender Drogenkriminalität und einer Gefährdung von Kindern und Jugendlichen. Ohne Zustimmung anderer Parteien dürfte sich eine Rücknahme des Gesetzes aber kaum durchsetzen lassen. Und die Meinungen zum Cannabisgesetz gehen stark auseinander.
So möchte die SPD das Gesetz beibehalten. Um Drogenkriminalität abzubauen, fordert sie eine “europarechtskonforme Legalisierung”. Auch die Grünen halten an der Teillegalisierung fest, möchten aber Gesundheits- und Jugendschutz weiter ausbauen. Die FDP will das Gesetz beibehalten und setzt auf Prävention und Eigenverantwortung. Die AfD hält laut Wahlprogramm die Freigabe des Cannabiskonsums “außerhalb bestimmter medizinischer Faktoren” für einen Fehler. Die Linke fordert dagegen eine vollständige Legalisierung von Cannabis.
“Die derzeitigen Umfragewerte machen uns Sorgen”, sagt Georg Wurth, Geschäftsführer des Deutschen Hanfverbands, im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Eine vollständige Rücknahme der Teillegalisierung hält er – aufgrund der unterschiedlichen Parteiziele – für unwahrscheinlich. Möglich aber seien Verschärfungen.
Die Genehmigung lizenzierter Social Clubs ist momentan auf sieben Jahre beschränkt. “Die Frage ist, ob Cannabis Social Clubs ihre Lizenz danach verlängern können”, sagt Wurth. Der Deutsche Hanfverband fordert, neben Cannabis Social Clubs auch Fachgeschäfte für Cannabis zuzulassen. Laut Dachverband deutscher Cannabis Social Clubs gibt es derzeit deutschlandweit 106 Clubs. “Bei einer Rücknahme der Teillegalisierung würden Cannabiskonsumenten wieder zu Straftätern abgestempelt”, sagt Wurth.
Bislang gab es keine detaillierte Auswertung zu der Frage, wie sich das Konsumcannabisgesetz seit dem 1. April 2024 ausgewirkt hat. Eine erste Evaluation ist zum 1. Oktober dieses Jahres geplant.
Die Bundesärztekammer allerdings sieht schon jetzt gesundheitliche Folgen für Jugendliche und Erwachsene. “Mit der Freigabe wird eine Droge verharmlost, die nachgewiesenermaßen abhängig macht und gerade bei jungen Menschen zu schweren und dauerhaften Entwicklungsschäden führen kann”, heißt es auf Nachfrage. Die Teillegalisierung von Cannabis zu Genusszwecken sei ein ” ideologisch motiviertes Experiment”. Die Bundesärztekammer fordert die kommende Bundesregierung auf, sie möge das Gesetz “schnellstmöglich beenden”.
Das Cannabisgesetz umfasst neben einer Teillegalisierung von sogenanntem Konsum-Cannabis auch Regelungen für Cannabis zu medizinischen Zwecken. Konsum-Cannabis und Medizinal-Cannabis sind gesetzlich getrennt geregelt. Für Cannabis-Patienten etwa bei Schmerzbehandlung gibt es damit nun weniger Hürden: Seit dem vergangenen Frühjahr gilt Cannabis nicht mehr als Betäubungsmittel und kann zur medizinischen Anwendung regulär verschrieben werden. Bestimmte Fachärzte dürfen Rezepte inzwischen auch ohne Genehmigung der Krankenkassen ausstellen.
Patientenverbände begrüßen das Gesetz, bezeichnen aber die Umsetzung als problematisch. Der Bund deutscher Cannabis-Patienten etwa bemängelte schon bei der Einführung, Behandlungsbedürftige würden zu sehr “mit Freizeitkonsumierenden in einen Topf” geworfen. Er bezieht sich dabei unter anderem auf einen Paragrafen im Medizinalcannabis-Gesetz, das den Konsum von Cannabis per Inhalation im öffentlichen Raum verbietet – aus Jugendschutzgründen. Die Gleichstellung von inhalierenden Patientinnen und Patienten mit Freizeitkonsumierenden, so der Verband, diskriminiere die Therapieform im Vergleich mit anderen.
Laut Medienberichten entwickelte sich nach Inkrafttreten des Cannabis-Gesetzes ein Online-Markt, bei dem medizinischer und Freizeit-Konsum verwischten. Der Patientenverband sieht sich damit in seinen Befürchtungen bestätigt. “Kranke Menschen sind die Verlierer”, heißt es in einem Facebook-Posting aus dem Herbst. Die Organisation fordert, das Cannabisgesetz entsprechend anzupassen.
In den kommenden Monaten könnte die Vergabe von Cannabis in einigen deutschen Städten derweil weiter erleichtert werden. Im Sommer 2025 sollen nach derzeitiger Planung mehrere wissenschaftlich begleitete Modellprojekte starten: Cannabis soll an registrierte Konsumenten in Fachgeschäften kontrolliert ausgegeben werden – so etwa in Hannover und in den Berliner Bezirken Neukölln und Friedrichshain-Kreuzberg. Wie es mit der Umsetzung weitergeht, so der Deutsche Hanfverband, hänge allerdings “erheblich von der zukünftigen Regierung ab”. Auch wenn es nach der Wahl zu keiner Rücknahme der Teillegalisierung kommen sollte.